Seite:Schiller Musenalmanach 1797 130.jpg

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Du, die in die Brust der Menschensöhne,
Wie der Götter, linde Wonne haucht!
Sieh mit unaussprechlichem Verlangen

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Mich am Schatten deines Bildes hangen:

Diese Züge hoher Anmuth lieh
Nur von dir die Phantasie.

     Zwar dich darf kein Sterblicher erblicken,
Wie du bist, wie dich der Himmel kennt;

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Kaum durchblitzen würd’ ihn das Entzücken

Einen schnell vernichtenden Moment.
Aber laß, wie Frühlingswehn, dein Lächeln
Eine jungfräuliche Stirn umfächeln,
Wie die Sonn’ im Bache sich beschaut:

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Und ich grüße sie als Braut!


     Also fleht er oft, doch aus den Sphären
Steigt Erhörung niemahls ihm herab.
Nur die Kraft kann seinen Wunsch gewähren,
Die zuerst dem Wunsche Flügel gab.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1797. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1797_130.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)