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Die Liebe auf dem Lande.


     Ein wohlgenährter Kandidat
Der nie noch einen Fehltritt that,
Und den verbotnen Liebestrieb
In lauter Predigten verschrieb,

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Kehrt einst bey einem Pfarrer ein,

Den Sontag sein Gehülf zu seyn.
Der hatt’ ein Kind, zwar still und bleich
Von Kummer krank, doch Engeln gleich
Sie hielt im halberloschnen Blick

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Noch Flammen ohne Maaß zurück,

All itzt in Andacht eingehüllt,
Schön wie ein marmorn Heiligenbild.
War nicht umsonst so still und schwach,
Verlaßne Liebe trug sie nach.

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In ihrer kleinen Kammer hoch

Sie stets an der Erinnrung sog
An ihrem Brotschrank an der Wand

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1798. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1798_074.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)