Seite:Schiller Musenalmanach 1798 075.jpg

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Er immer, immer vor ihr stand,
Und wenn ein Schlaf sie übernahm

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Im Traum er immer wieder kam.

Für ihn sie noch ihr Härlein stutzt,
Sich, wenn sie ganz allein ist, putzt.
All ihre Schürzen anprobirt
Und ihre schönen Lätzchen schnürt,

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Und von dem Spiegel nur allein

Verlangt er soll ein Schmeichler seyn.
Kam aber etwas Fremds ins Haus
So zog sie gleich den Schnürleib aus,
That sich so schlecht und häuslich an,

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Es übersah sie jedermann.

Zum Unglück unserm Pfaffen allein
Der Lilie Nachtglanz leuchtet ein,
Obschon sie matt am Stengel hieng.
Früh eh er in die Kirche gieng

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Er sehr eräschert zu ihr trat

Und sie – um ein Glas Wasser bat –
Denn laut er auf der Kanzel schreit

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1798. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1798_075.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)