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     Und schon wechseln sie der Treue Zeichen,

Golden reicht sie ihm die Kette dar,
Und er will ihr eine Schale reichen,
Silbern, künstlich wie nicht eine war.
Die ist nicht für mich,

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Doch ich bitte dich

Eine Locke gieb von deinem Haar.

     Eben schlug die dumpfe Geisterstunde
Und nun schien es ihr erst wohl zu seyn.
Gierig schlürfte sie mit blassem Munde

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Nun den dunkel blutgefärbten Wein,

Doch vom Waizenbrot
Was er freundlich bot,
Nahm sie nicht den kleinsten Bissen ein.

     Und dem Jüngling reichte sie die Schale,

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Der wie sie nun hastig lüstern trank,

Liebe fordert er beym stillen Mahle,
Ach! sein armes Herz war Liebekrank,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1798. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1798_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)