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Die Geister des Sees.


Dumpf rauschts vom hohen Wogenstrand
Ans steile Felsengestade,
Und grau wie der Geister wehend Gewand
Webt dichter Nebel sich übers Land,

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Und hüllt die dämmernden Pfade.

Die herbstlichen Lüfte säuseln,
Es steigt in leisen Kräuseln
Die blaue Welle des Sees,
Aus Wolken die Sterne blinken,

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Und langsam wogen und sinken

Die Silberflocken des Schnees.

     Und in der Nacht die still und kalt
Um Ullins Hügel sich breitet,
Am Ufer, das dunkel die Flut umwallt,

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Da wankt und irrt eine holde Gestalt

Von banger Liebe geleitet.
Die seidnen Locken wehen,
Sie eilt mit ängstlichem Spähen
Scheu zu dem nächtlichen Hayn.

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Laut ruft sie mit wildem Blicke,
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_165.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)