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Walther Kabel: Schlangenhöhlen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225

Schlangenhöhlen. – Von einer Schlangenhöhle erzählt schon Jules Verne in seiner „Reise um die Erde in achtzig Tagen“. Die Schilderung, die der phantasiereiche Franzose von jener unheimlichen Grotte in Indien entwirft, in der unzählige Reptilien die kühnen Weltreisenden umzüngeln, hat, wie die meisten Einzelheiten der Verneschen Romane, einen tatsächlichen Hintergrund. Mehrfach hat man derartige Schlangenhöhlen entdeckt, so besonders in dem reptilienreichen Hinterindien und auf den Inseln des Malaiischen Archipels.

Dr. Carthaus berichtet von einer solchen Höhle folgendes: Bei dem Dorfe Lorogan, im östlichen Java, ungefähr zwanzig Kilometer von der Stadt Pasurnan entfernt, befindet sich eine Höhle, in der es buchstäblich von Schlangen wimmelt. Vordem war diese Schlangenhöhle an ihrem Eingang mit Sträuchern und Krüppelholz dicht bewachsen; zurzeit ist dieses aber gänzlich entfernt, und man kann nun schon von außen her stets Hunderte von diesen unheimlichen Kreaturen in der Höhle sich herumbewegen sehen. Darunter sind die verschiedensten Arten vertreten, von der riesenhaften Pythonschlange bis zu der außerordentlich giftigen Stahl- oder Eisenschlange. Hier liegt eine lethargisch in sich zusammengerollt, dort andere sich durcheinanderschlingend, Knäuel bildend oder sich übereinander bewegend – ein widerwärtiger Anblick, der aber auf einzelne Personen eine faszinierende Wirkung ausüben soll. Übrigens sollen die Schlangen niemand etwas zuleide tun. Die meisten von ihnen verlassen zur Zeit der Abenddämmerung die Höhle

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Schlangenhöhlen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schlangenh%C3%B6hlen.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)