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Walther Kabel: Schlangenhöhlen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225

und machen dann Streifzüge durch die benachbarten Reisfelder und Dörfer, wo sie sich aber niemals an dem Hausgeflügel oder an den Schafen und Ziegen vergreifen sollen; vielmehr sollen sie sich mit den überaus zahlreichen Fröschen, die überall in der dortigen Gegend zu finden sind, als Nahrung zufrieden geben. Sehr merkwürdig ist es nun, zu sehen, wie ein bejahrter Javaner, der „Kiai“ oder „der Alte“ von Lorogan genannt, sich furchtlos in dem Schlangengewimmel herumbewegt, hier eines der unheimlichen Reptile, das sich mit anderen in ein verwirrtes Knäuel verstrickt hat, mit seinen Händen aus diesem herausziehend, dort eines durch Nennung eines von ihm gegebenen Namens an sich heranlockend. Sonderbarerweise denkt keines der Tiere, worunter sich viele giftige befinden, daran, dem Alten etwas zuleide zu tun.

[ws 1] Eine andere Schlangenhöhle wurde im Jahre 1904 von einer englischen Vermessungsabteilung in Zentralindien in dem Ostausläufer des Barackarhöhenzuges aufgefunden. Die Barackargrotte hat später insofern eine gewisse Berühmtheit erlangt, als die englische Tierhändlerfirma Worbster eine sorgsam vorbereitete Expedition nach dem Barackargebirge entsandte, um die in der dortigen Grotte angesammelten Reptilien einzufangen. Der Gewinn, den die kostspielige Expedition abwarf, war über alles Erwarten reich. Unter anderen wurden in der Höhle, die sich etwa zehn Meter weit in die Bergwand hineinerstreckt, nicht weniger als siebzehn Riesenschlangen gefangen, von denen die beiden größten, Exemplare von über acht Meter Länge, noch heute im Zoologischen Garten in London das Erstaunen der Besucher stets aufs neue hervorrufen. Für diese zwei seltenen Stücke wurden nicht weniger als vierzigtausend Mark bezahlt. Außerdem aber brachten die Leute der Firma Worbster noch hundertzweiundfünfzig andere, zum Teil sehr seltene Reptilien mit nach England, die sie sämtlich aus der Barackarhöhle herausgeholt hatten.

Interessant ist es, auf welche Weise die Schlangenjäger ihr gefährliches Wild in ihre Gewalt brachten.

Als die Worbstersche Expedition, die mit den eingeborenen Dienern vierzig Köpfe stark war, in der Nähe der Höhle anlangte,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die nochfolgenden Abschnitte erschienen nochmals als Schlangenfang im großen mit der Verfasserangabe H. Belka in: Die Burg. Illustrierte Zeitschrift für die studierende Jugend, 2. Jahrgang, S. 153–154.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Schlangenhöhlen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schlangenh%C3%B6hlen.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)