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Walther Kabel: Schmuggelsport. In: Deutscher Hausschatz, 42. Jahrgang, Heft 1, S. 26–27

Schmuggelsport.
Von W. Kabel.

Das Schmuggeln, die verbotswidrige Einführung von Waren in ein fremdes Staatsgebiet mit der Absicht der Hinterziehung des darauf gelegten Zolles, wird als leichte Verdienstmöglichkeit nicht nur von den ärmeren Bewohnern der Grenzdistrikte, sondern eigentümlicherweise als Sport gerade von Leuten betrieben, deren Vermögen sich oft auf Millionen beziffert. In dieser Beziehung leisten besonders die Amerikaner, Herren und Damen, Großes. Mit einer gewissen Genialität ersinnen sie stets neue Tricks, um die Zollbeamten zu täuschen. Dabei ist dieser Sport keineswegs billig und ungefährlich, wie aus den nachfolgend angeführten Fällen hervorgeht.

Frau G. gehört zu den vornehmsten Damen der Gesellschaft von Boston. Der Zollbehörde in New York fiel es auf, daß im Laufe weniger Monate eine ganze Anzahl von ziemlich wertlosen und einfach eingerahmten Gemälden für Frau G. in Boston eintraf. Man wußte, daß diese Dame früher nur äußerst selten alte Meister zur Ausschmückung ihres Palastes eingeführt hatte, und konnte sich nun die plötzliche Schwärmerei für derartige Dutzendware, wie sie von Frau G. jetzt stets verzollt wurde, nicht recht erklären. Eines Tages kam wieder eine Kiste mit jener Adresse an. Wieder enthielt sie ein Bild, das ein sachverständiger Beamter auf kaum 50 Dollar abschätzte. In dem Bureau der Zollbehörde besprach man nun abermals diese immerhin auffallenden Bildersendungen und beschloß, einen Detektiv nach Boston zu senden, um nach dem Verbleib der Gemälde forschen zu lassen, da man nicht annehmen konnte, Frau G. würde derartige Stücke ihrer Galerie einverleiben. Dieser Geheimagent der Zollbehörde war gerieben genug, sich für die Stellung eines zweiten Dieners bei Frau G. anwerben zu lassen. Auf diese Weise – und anders wäre der Betrug wohl nie aufgedeckt worden – stellte er fest, daß die Bilder, auf welchen stellenweise die Farbe mehr als zentimeterdick aufgetragen war, in Paris von einem verarmten Maler nur zu dem Zweck angefertigt wurden, um unter der Ölfarbe in ganz dünne Gummibeutelchen gehüllte Perlen und Edelsteine verbergen zu können, und zwar überall da, wo eben starke Farbenklexe nicht auffallen konnten. Das „Spicken“ der Gemälde mit Edelsteinen sowie das Verpacken und Absenden besorgte eine Pariser Vertrauensperson der Frau G. Der Detektiv fand in einem Turmzimmer des G.’schen Palastes nicht weniger als 26 dieser merkwürdigen Ölbilder, an denen noch deutlich zu erkennen war, wo die Pretiosen unter der sie selbst vor den Augen des gewitztesten Zollbeamten schützenden Ölschicht gesessen hatten. So hatten die als dicke, weiße Farbenklexe gemalten Wogenkämme des Gemäldes

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Schmuggelsport. In: Deutscher Hausschatz, 42. Jahrgang, Heft 1, S. 26–27. Friedrich Pustet, Regensburg, Rom, New York, Cincinnati 1916, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schmuggelsport.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)