Seite:Schreiben an einen der Herausgeber dieses Journals von einem seiner Freunde zu Nürnberg, über die im vorigen Hefte unter dem Titel Der Sieg der Unschuld über die Bosheit abgedruckte Erzählung.pdf/10

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 Doch, es mögen nun diese Fragen für oder wider den Eder entschieden werden; Eder mag ein geringes oder grobes Versehen begangen oder er mag sogar, wider besseres Wissen, eine Nichtvenerische für venerisch erkläret haben, – was freylich eine sehr schwarze That wäre – so kann ich doch schlechterdings nicht finden, wie hiedurch zugleich auch Ehemann oder dessen hiesige Anverwandte, eines Verbrechens überwiesen seyn sollten, oder auch nur mit Grund beschuldigt werden könnten.

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 Ehemann kannte den Eder gar nicht. Der Kaufmann Ehemann kannte ihn, aus eigener Erfahrung, als einen geschickten Wundarzt, und in dieser Rücksicht zog er ihn über den Zustand der Frankin zu Rath. Was sollte dabey sträfliches seyn? Oder hätte man der Ederischen Erklärung nicht trauen sollen? Aber Eder ist ja ein approbirter Chirurgus und überdieß beym St. Sebastians-Spital obrigkeitlich angestellet. Die Kenntniß der venerischen Krankheit mußte man also vorzüglich bey ihm vermuthen. Und in seine Aufrichtigkeit konnte man auch keinen Zweifel setzen: denn Eder war als ein unbescholtener Mann bekannt. Er war auch, nach eigenem Geständniß der Frankin, ganz unbefangen zu Werk gegangen und hatte sie beym ersten Anblick befragt: ob denn sie, der man gar nichts ansehe, die Patientin sey?