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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland



2. Was der Großvater von seinem Vater hörte.




Doch jetzt ist es Zeit, daß ich auch den Familien­erinnerungen von mütterlicher Seite her einen Platz gönne, und das um so mehr, als sie, wie schon die Über­schrift sagt, noch etwas weiter hinaufreichen, als die der Groß­eltern von väterlicher Seite. Somit lade ich die geehrten Leser ein, wieder in mein Vaterhaus zurückzukehren, wo sie letzthin die Bekanntschaft der etwas wunderlichen Mutter meines Vaters und ihrer Schatzgräberei gemacht haben.

Trübselig brannten die paar Talglichte auf dem langen Abendtisch des alten Pastorates. Es war eben Stille ein­getreten. Man hörte nur das Geräusch der Gabeln und Messer, ein unfehlbares Zeichen, daß das Gericht uns Kin­dern besonders mundgerecht war. Hätte doch sonst die zahl­reiche Schar der eignen Knaben und Mädchen wie der fremden Pensionäre schwerlich ihr halblautes Geschwätz auf­gegeben, das gewöhnlich neben der lauten Unterhaltung der Erwachsenen wie ein murmelnder Bach dahinlief. Mit wohlgefälligem Lächeln ruhte das Auge des Vaters auf den Burschen groß und klein und auf den Mägdlein mit ihren runden Bausbacken. Er hatte jedesmal seine Freude dran, wenn die Jungen einen tapfern Appetit an den Tag legten; war er doch der Meinung, daß sich dann auch desto frischerer Mut und entsprechende Kraft beim Lernen zeigen müsse, — man wenigstens ein tüchtiges Arbeiten fordern könne.

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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/33&oldid=- (Version vom 7.9.2022)