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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland

Ja bis in unser Gehöft kamen diese frechen Tiere. Ich hatte einen schönen, treuen Hund, Fripon. Der bellte auf der Hintertreppe eines Abends im Winter unaufhörlich, so daß es den Leuten auffiel. Aber noch mehr wurde man darauf aufmerksam, als plötzlich sein Bellen aus dem alten, hölzernen Kuhstall her zu unsern Ohren drang. Die Leute eilten, mit Knütteln bewaffnet, hinzu, sahen bei dem kümmer­lichen Licht einer Laterne alsbald den Wolf, der sich unter dem gebrechlichen Fundament einen Weg in den Stall ge­scharrt hatte. Unser Fripon hatte ihn gepackt und biß sich tapfer mit ihm herum. Die Leute stürzten hinzu und schlu­gen wütend mit ihren Knütteln auf den Wolf. Es gelang ihnen auch, denselben zu töten; aber in ihrer blinden Wut hatten sie leider auch den braven Hund mit getroffen und so arg, daß er nach einigen Tagen starb. So verlor ich meinen Fripon.“

„So seht ihr nun, liebe Kinder, wie auch diese Wolfs­plage in gewissem Sinne noch eine Nachwirkung der Pest­zeit war. Es sind aber das nicht die einzigen Wölfe, die in die Kuhställe brechen.“

Damit schloß der gute alte Mann. Die nächsten Ka­pitel werden uns von seiner eignen Jugendgeschichte u. s. w. erzählen.



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Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/51&oldid=- (Version vom 7.9.2022)