Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/181

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uns vermuthen, dass Erzbischof Balduin von Trier, welchem wir schon mehrere Male im Lahnthal als Belagerer von Städten, Zerstörer von Burgen und als keck zugreifendem Eroberer begegnet sind, hier, um an der Lahn festen Fuss zu fassen, das mächtige Schloss erbaut habe. Es geschah im Jahre 1319, als er mit den hier ansässigen Herren von Westerburg in eine heftige Fehde verwickelt war, unter schweren Anfechtungen ihrer- und mit bedeutendem Kostenaufwand seinerseits. Auch hielt er es für gerathen, sieben Jahre nachher das, was er mit Gewalt entrissen und occupirt hatte, von den ebenso mächtigen wie thatkräftigen Nachbarn durch einen förmlichen Kauf an sich zu bringen und auf immer zu sichern. Im Jahre 1321 erreichte es Balduin von Kaiser Ludwig dem Baier, dass derselbe dem jetzt armen Schifferdorfe Stadtrechte und eine eigene Gerichtsbarkeit ertheilte. Wie und seit wann die Burg in Verfall gerathen, ist unbekannt, soviel nur ist gewiss, dass sie im Jahre 1595 noch in wohnlichem Zustande gewesen sein muss. Der Weg nach Schloss Schaumburg führt an der Burgruine vorüber, deren grosse Ausdehnung und trotzige Lage auf dem in das enge Thal springenden Felsenstock man nun noch deutlicher gewahrt. Der Besuch ihres Inneren gewährt indessen kein besonderes Interesse mehr. Von hier aus geht ein Fussweg gerade aus, mitunter sehr steil ansteigend, auf welchem man in 20 Minuten Schaumburg erreicht. Ein in den letzten Jahren mit bedeutenden Kosten angelegter bequemer Fahrweg, welcher sich um den Berg herumzieht, erfordert etwa das Doppelte an Zeit. Da wo der eigentliche Schlossberg sich über das Niveau des von Dietz sich herabziehenden Bergrückens erhebt, liegen die Wohnungen der Dienerschaft und ein Wirthschaftsgebäude, von welchen man steil aufsteigend zum Schlosse gelangt.

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/181&oldid=- (Version vom 1.8.2018)