Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/86

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Welt abgeschnitten, als dass er als beständige Wohnung angenehm sein könnte. Der Weg nach Giessen, wenn wir diesen wieder einschlagen sollten, beträgt nämlich von hier drei Stunden; eben so weit ist Wetzlar entfernt, die Kreisstadt, zu welcher diese Gegend gehört, und zu der erst in neuerer Zeit eine fahrbare Strasse gebaut ist.

Auch unterhalb Giessen bildet das Lahnthal ein weites, fruchtbares Gelände, zu dem sich mässige Erhebungen meistens in sanfter Abdachung hinabsenken. Auf der linken Seite des Flusses führt über dieselben die Landstrasse den Fusswanderer in drei Stunden nach Wetzlar, wenn derselbe nicht vorzieht, den interessanteren Weg das Thal entlang dorthin einzuschlagen. Die Eisenbahn lässt bis vor Wetzlar den vielfach sich krümmenden Fluss zur Rechten. Das erste Dorf, welches wir diesseits erblicken, ist Kleinlinden, bei dem die Cleebach sich in die Lahn ergiesst. Jenseits derselben liegt Heuchelheim, allen denen, welche die Universität Giessen besucht haben, ein wohlbekannter Name, denn die idyllisch gelegene, lindenbeschattete Heuchelheimer Mühle ist in früheren Zeiten noch mehr als jetzt ein sehr beliebter Erholungsort der dortigen Studiosen gewesen. Freilich findet man jetzt weder die alte Linde mehr, noch das trauliche Wohngebäude. Nun fährt man dicht unter dem von der Anhöhe sich herabziehenden Dorfe Dudenhofen her; ihm schräg gegenüber blickt Atzbach hinter seinen Obstwäldern hervor, früher der Amtssitz für den nassauischen Distrikt Gleiberg und Hüttenberg, jetzt der Sitz eines preussischen Justizamts. In Atzbach begegnen wir zum erstenmale Göthe’schen Erinnerungen aus der Zeit seines Wetzlarer Aufenthalts; denn dorthin machte, wie wir im dritten Briefe der Sammlung „Göthe und Werther“ lesen, der junge Dichter am 8. August 1772 einen Ausflug, um Charlotte Buff zu sehen, die bei einer befreundeten Familie daselbst

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)