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Thurme, auf dessen Kranz man eine schöne Rundschau über Stadt und Umgegend geniesst, hängen vier nicht sehr schwere, aber sehr harmonisch zusammenklingende Glocken. Ausser dem Dome hat Wetzlar noch zwei Kirchen; die eine, in der unteren Altstadt gelegen, der Chor der ehemaligen Franziskanerkirche, ist im Jahre 1586 reformirten Emigranten überlassen worden. Seitdem die Union in Wetzlar eingeführt ist, wird sie die untere Stadtkirche genannt. Die Franziskanerkirche ist aufgehoben und die Klostergebäude zu Gefängnissen umgewandelt worden. Die freundliche und geräumige Hospitalkirche ist im Jahre 1755 erbaut worden; die Glocke, die auf ihrem Thurme hängt, stammt aber aus dem dreizehnten Jahrhundert. Von sonstigen Gebäuden ist nur noch ein ziemlich unscheinbares, aber sehr alterthümliches Haus an der Jäcksburg zu bemerken.

Nicht nur wegen der schönen Aussicht auf die Stadt und ihre Umgebung, sondern auch wegen der Trümmerreste der alten Reichsveste, des Sitzes des kaiserlichen Vogtes, verdient der Kalsmunt einen besondern Besuch. Der Weg dorthin führt durch das Silhöfer Thor an dem vielbesuchten Schützengarten vorüber, und durch ein altes Stadtthor die steile Höhe hinauf. Die Burg auf dem nach drei Seiten steil abfallenden Bergkegel war fest und geräumig. Ein alter Thorweg und wenige andere Reste von Umfassungsmauern, aus Basaltsteinen aufgeführt, bieten wenig Interesse; dagegen ist der in der Mitte des alten Schlossraums stehende viereckige, von innen und aussen mit Sandsteinquadern bekleidete Thurm, der von Einzelnen für ein Werk der Römer gehalten worden ist, höchst beachtenswerth. In einem Briefe an Göthe tritt Staatsrath Schultz, welcher in den zwanziger Jahren in Wetzlar gewohnt hat, zuerst mit dieser Ansicht hervor. Als Beweise führt er die eigenthümliche Behandlung der Quadern, welche nach der sogenannten ars rustica des Vitruv nur an den Fugen behauen

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/97&oldid=- (Version vom 1.8.2018)