Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 1.pdf/60

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und mit Farbsteinen gezierten Besatzstücken der Füllungen und Friese auch noch nach der Natur gegossene Insekten hinzuzufügen. Um eine reichere farbige Wirkung zu erzielen, sind den silbernen und vergoldeten Verzierungen auch noch farbige Stoffe und Glasplatten, ebenso auch Perlmutterplatten als Untergrund gegeben, doch ist bei alledem in der äußeren Erscheinung des Kastens eine auf Grüngold gestimmte harmonische Gesamtwirkung der Farbtöne erreicht worden. Bei geöffnetem Kasten sehen wir eine kräftigere, von Rotgold beherrschte Farbenstimmung und noch aufgesetzten Schmuck der einzelnen Felderrahmen in dem walmdachartigen Deckel. Diese auf eine farbigere Wirkung und reicheren Eindruck berechneten Werke erlangten bald in Nürnberg und darüber hinaus an den Hauptstätten der Goldschmiedekunst typische Bedeutung. Zeugnis dafür bietet ein ähnlich reich ausgestatteter Nähzeugkasten, gleichfalls Nürnberger Arbeit, bei dem ebenso verschiedenerlei Stoffe zu dem Gesamteindruck beitragen mußten (Tafel 23). Der Kasten wirkt sogar mit seinen gleichförmig gestalteten Nischeneinfassungen und den drei aufgestellten Gestalten von zehn Tugenden einheitlicher als der Kasten Jamnitzers, er hat auch eine zarte harmonische Farbenwirkung, doch aber läßt die teils gegossene, teils gepreßte Arbeit der Besatzstücke bei genauerem Zusehen kein so sorgfältiges Durchbilden der Einzelheiten wahrnehmen, was wohl schon auf die Gewohnheit der Anfertigung gleich mehrerer Stücke derselben Art schließen läßt. Die ovale silberne gewölbte Platte auf dem Deckel ist ebenso für Emailfüllung ausgestochen, wie die gleichen Platten im Deckel des Jamnitzer-Kastens, allem Anschein nach ist hier der gleiche Meister bei beiden Arbeiten beteiligt gewesen.

In der Gruppe dieser Schmuckkästchen nimmt eine gewisse Sonderstellung ein der Schreibzeugkasten Wenzel Jamnitzers, den er mit seiner eigenen Marke und der Jahreszahl 1562 versehen hat (Tafel 24). Anstatt der Säulen hat der Kasten eine Gliederung von breiten Pilastern mit ovalen Nischen in Rollwerkumrahmung, die Felder dazwischen sind belegt mit je einem dünnen Silberplättchen, das eine vertiefte Pressung mit Mauresken erhalten hat, die Vertiefungen sind wieder mit verschiedenfarbigem Email ausgefüllt, die Pilaster tragen das Triglyphengebälk Jamnitzers. Der ganze Kasten hat aber nur die Funktion eines Sockels als Träger einer gelagerten in Silber gegossenen Gestalt der Philosophie, der der größte künstlerische Wert zukommt. So wirkt das Ganze als ein sehr glücklich durchgebildetes Werk der Kleinplastik, zu der ja