Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/125

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geübte sportliche Vergnügen, die Jagd galt geradezu als zu den Tugenden und Pflichten des Herrscherberufs unerläßlich, und Kf. Johann Georg I. war selbst auch ein passionierter Jäger. So kann also die ungewöhnliche Umkleidung des Gefäßkörpers mit jagdbaren Tieren auch nur zur Charakterisierung der Königswürde des Midas gewählt worden sei, zugleich auch als Huldigung an den Besitzer. Das Ganze jedenfalls eine originelle Leistung des Dresdner Meisters.

Eine gewisse formale Verwandtschaft kann man in der Drachenkanne des Christoph Jamnitzer (Tafel 52, 2) erblicken. Das Stück befand sich sicher längst in Dresden, bevor die Midaskanne entstand. Sein Meister lebte in Nürnberg von 1563 bis 1618. Die birnenförmige Kanne mit ihren Schneckenbuckeln unter der Einbuchtung, ihren vier großen glatt scheinenden herzförmigen Buckeln der oberen Zone ist aus der Ageleyform des Spätrenaissancepokals entwickelt, in der ja bekanntlich gotische Form enthalten ist. Hier an der Drachenkanne bemerken wir noch andere gotische Reminiszenzen, der Fuß und der Deckel sind aus dem Vierpaß entwickelt. Das ganze krause Verzierungswerk, das ja den barocken Zeitgeist nicht verleugnet, ist gleichfalls den krausen Verzierungen gotischer Gefäße nachempfunden. Die Kanne mit ihrem prächtigen langhalsigen Drachenkopf als Ausguß und der als Henkel emporgewundenen Schlange, deren Leib sich oben in ein Zwillingspaar spaltet, ist ein Zeichen dafür, daß die reineren Formen der Renaissance ihre Entwicklungsmöglichkeiten in Deutschland erschöpft hatten und daß strebende Meister die Abhängigkeit von jenem fremden Formempfinden aufzugeben sich bemühten, wofür wir ja auch in dem gotisierenden Pokal jener Zeit eine bezeichnende, allgemeiner gewordene parallele Erscheinung besitzen. Das noch von Renaissancemotiven abhängige Ornament hat auch schon lebhaften barocken Schwung, die vier Löwenmasken des Deckels aber mit ihren herabhängenden Mäulern haben schon die weichen Bildungen des Knorpelwerks. Der geflügelte aufwärts blickende Genius der Spitze des Deckels, als Motiv noch Renaissance, aber in Stellung und Haltung auch schon von neuem Leben erfüllt. Die Kanne bekundet das gleiche originelle Stilempfinden, das ihr Meister in seinen durch den Kupferstich verbreiteten Erfindungen zum Ausdruck gebracht hat.

Auf derselben Tafel 52 ist eine bauchige Kanne abgebildet, das Werk eines Augsburger Meisters aus der Familie Grill, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts tätig war. Die Kanne ist also höchstwahrscheinlich später