Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/154

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ihre Tiere und Pflanzen bildlichen Ausdruck. Diese Vorliebe war zunächst wohl in weiteren Kreisen Europas geweckt und gefördert worden durch den schon im 17. Jahrhundert von der Ostindischen Kompagnie betriebenen Import von indischen und chinesischen Naturerzeugnissen und Arbeiten des Kunsthandwerks, insbesondere der chinesischen und japanischen Porzellane. Mit dem zunehmenden Besitz dieser Werke steigerte sich auch das Interesse daran, über jene Völker selbst genauere Kenntnisse zu erhalten. Die meist mit Bildern illustrierten Beschreibungen von Reisen in jenen Ländern wurden mit Heißhunger verschlungen und erlebten vielfache Auflagen. Gerade auch August der Starke wurde von dieser exotischen Welt in seinem romantischen Sinn sein Leben lang gefangen genommen, seine leidenschaftliche Vorliebe für asiatisches Porzellan, das damals noch rätselhafte, viel begehrte, fremdartige Kunsterzeugnis, mag ihn zuerst mit dieser Welt bekannt gemacht haben, sein Aufenthalt in Polen, sein Bündnis mit Zar Peter dem Großen von Rußland mögen ihn schon mit manchen fremdartigen Gestalten des ferneren Ostens persönlich in Berührung gebracht haben, seine Phantasie mußte reiche Nahrung erhalten durch die Lektüre jener oft abenteuerlichen Reisebeschreibungen. So kam also die Dekorierung von Gefäßen, die zu seinem eigenen Gebrauch bestimmt waren, seinen Liebhabereien besonders entgegen. Ihre Feinmalerei vermittelte bei Betrachtung aus nächster Nähe von Bild zu Bild immer neue Eindrücke und führte in getreuen Darstellungen in jene durch die Berichte von Missionaren und Reisenden als ein Wunderland glücklichsten Erdendaseins geschilderte Welt. Wir sind in der Lage an der einen dieser beiden Henkeltassen die direkt nach dem Leben gezeichneten ostasiatischen Vorbilder für die einzelnen darauf dargestellten Typen der verschiedenen Stände nachzuweisen. In den Jahren 1655 bis 1657 hatte Johann Neuhof eine Gesandtschaft der Ostindischen Kompagnie als Hofmeister begleitet und dabei in mehr als 150 Zeichnungen Szenen aus dem chinesischen Leben festgehalten. Diese Zeichnungen wurden in Kupferstichen vervielfältigt und durch die Beschreibung verlebendigt in seinem in verschiedenen Ausgaben seit 1665 in holländischer und deutscher, französischer und lateinischer Sprache erschienenen Werk: Die Gesandtschaft der Ost-Indischen Gesellschaft in den Vereinigten Niederländern (an den Tartarischen Chan) und nunmehr auch Sinischen Kayser. (Amstd. 1669).

In der Verzierung dieser Tassen hat Dinglinger die europäische Komposition nach architektonischen Grundsätzen befolgt und für die chinesischen