Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/21

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Gruppe scheint in Nürnberg gefunden worden. Der Hamburger Goldschmied Jakob Mores  d. ä. hat in seinen Handzeichnungen die Darstellungen einer ebensolchen Gruppe hinterlassen. Da dieser hervorragende Vertreter seines Kunsthandwerks in vielen seiner Werke Anklänge an die Nürnberger Kunstweise erkennen läßt, so erscheint es wohl möglich, daß er in Nürnberg und vielleicht gerade bei Lindenberger seine Lehrzeit verbracht hat.

Der auf derselben Tafel 5, 1 mit abgebildete große Hornlöffel in silbervergoldeter Fassung, von der Halbfigur eines Hirsches getragen, verdankt seinen Ursprung der gleichen Eß- und Trinkfreude und derben Späßen, die auch gelegentlich der Jagden zur Geltung kamen. Die Fassung des hohlen Stieles hat auf der Schiene eine eingravierte deutsche Inschrift, die der Jagd und dem Essen gewidmet ist: „Halt feste, uns kommen Gäste“ usw. Es ist möglich, daß der hohle Stiel auch als Hifthorn benutzt werden sollte, doch werden auch im Hessischen Silberschatz als „Willkommen“ zu benutzende „Trinklöffel“ erwähnt. Falls, wie es den Anschein hat, der schmale Übergang der Hornkelle zum Stiel ursprünglich breiter gewesen ist, dann könnte hier eine zum hohlen Stiel führende Rinne angebracht gewesen sein, damit der Wein aus dem Stiel getrunken werde, ohne ihn zu verschütten. Solcherlei Trinkproben waren ja damals beliebt, als der Löffel entstand, der wohl noch in die Mitte des 16. Jahrhunderts zu versetzen ist.

Die bekanntesten dieser Art sind die Nürnberger Jungfrauenbecher, die in mancherlei Varianten erhalten sind, bei denen die Gestalt einer Frau in der Modetracht des 17. Jahrhunderts als Sturzbecher für ein größeres Quantum des Getränkes zu dienen hat, während das von ihr mit erhobenen Armen über dem Kopf an Bügeln gehaltene Gefäß, das mit Vorliebe aus einer Perlmuttermuschel gebildet war, das kleinere Gemäß enthielt. Dieses Gefäß dreht sich in den Bügeln. Wird also von dem Jungfrauenbecher das unterste nach oben gekehrt, so dreht sich gleichfalls die Öffnung des kleineren Gefäßes mit nach oben und beide Gefäße können nun gleichzeitig gefüllt werden. Der Witz für die dabei beobachtete Trinksitte bestand darin, daß der Herr zuerst den großen Sturzbecher auszutrinken hatte, ohne dabei von dem Inhalt des bis zum Rand gefüllten kleineren Gemäßes einen Tropfen zu verschütten. Der größere der auf Tafel 6 abgebildeten in vergoldetem Silber getriebenen Jungfrauenbecher ist dadurch ausgezeichnet, daß bei aller Rücksicht auf die zu bildende Becherform, die Frauengestalt mit ihrem modischen Schneppenmieder und dem schweren steifen Stoff des Rockes bei nur etwas zu kleinem Kopf doch noch