Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/22

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glaubhaft auf Erscheinung gebracht wird. Es ist ja auch kein geringerer als der Nürnberger Friedrich Hillebrand, der, 1580 Meister geworden, unter den Goldschmieden seiner Zeit einen hervorragenden Rang einnahm und dessen den Pokal tragender knieender Herkules (I, Tafel 47, 2) ein ausgezeichnetes Verständnis menschlicher Körperformen bekundet. Die Verzierung des unteren Rockes mit graviertem Pflanzenmuster, die des oberen mit getriebenen und gepunzten, prächtig geschwungenen Ranken und untermischten Blumen, Früchten und Vögeln, die Ätzung des Mundrandes über der Muschel des erhobenen Gefäßes mit Mauresken zeigen ihn daneben als vollendeten Techniker und sicheren Beherrscher der Zierformen seiner Zeit.

Neben diesem Werk hat der nach der Tracht gleichzeitige kleinere Jungfrauenbecher des Nürnberger Meisters Meinrad Bauch einen schwierigen Stand, so sorgfältig daran auch die Verzierung des Gewandes ausgeführt sein mag. Der Glockenform des Rockes merkt man das vorwiegende Bestreben an, einen wohlgelungenen Sturzbecher zu bilden, zu dessen Größe die allzu kleine Büste in keinem Verhältnis steht. Ganz unglücklich und roh wirkt die Stegverbindung der den Muschelbecher haltenden Bügel mit den Händen, falls hier nicht eine spätere Ausbesserung die Sache verdorben hat. Aber auch der hohe Mundrand des Muschelbechers ist für die Muschel zu groß geraten. Gerade dieser Meister hat aber mehrfach Jungfrauenbecher hergestellt und sich vielleicht dadurch zu sorgloserer Durchbildung verleiten lassen.

Besser geglückt ist dem Meister die getriebene Figur eines Bacchus mit abnehmbarem gegossenen Kopf (Inv. IV, 265), die nicht mit abgebildet wurde. Er sitzt auf einem mit Perlmutterplättchen belegten Faß. Ebenso zeugen die beiden springenden Hirsche auf Tafel 7, denen die sie anspringenden Hunde in guter Komposition als Stütze dienen, von einem besseren Ausdrucksvermögen und gutem Verständnis der Tierformen. Man vergleiche damit den springenden Hirsch eines unbekannten Zeitgenossen auf Tafel 8, 2, der in Nachahmung überkommener Formen diese vergröbert hat. Dagegen hat der etwas jüngere Nürnberger Andreas Rosa, der erst 1599 Meister wurde, den steiler emporspringenden Hirsch (Tafel 8, 1) zu einem harmonischen Ausdruck der aufstrebenden Umrißlinien gebracht. Er war dabei allerdings auch veranlaßt, durch einen Baumstamm seinem Werk die nötige Standfestigkeit zu verleihen, ein Behelfsmittel, das, seit der Antike mit dem Kentauren aus der Sammlung Borghese im Louvre immer wieder angewandt, wir zu übersehen