Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/50

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und Automaten seiner Sammlung befanden sich auch zwei große noch in Wien vorhandene Uhrplanetarien, das eine in Böhmen, das andere 1584 in Konstanz gearbeitet, ferner Automatenwerke, die damals vornehmlich in Augsburg hergestellt wurden. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war überhaupt das Interesse für solche mechanische Feinarbeiten und ihre künstlerische Ausstattung aufs höchste gestiegen. In der Vorliebe für diese Werke und in ihrem durch eigene astronomische Studien geförderten Verständnis für sie stehen drei deutsche Fürsten an erster Stelle: Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553 bis 1586, geb. 1526), Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Cassel (reg. 1567–1592, geb. 1532), und Kaiser Rudolf II., geb. 1552, König von Ungarn 1571–1608, König von Böhmen 1575–1611, Kaiser 1576–1612.

Wir sind gewohnt, Augsburg und Nürnberg als die Stätten anzusehen, an denen zuerst und am vorzüglichsten diese Werke entstanden, in denen eine hohe mathematische Gelehrsamkeit mit hervorragendem technischen Können und entwickeltem Kunstgefühl vereint sind, wir finden aber auch an einzelnen anderen Orten in Deutschland ganz die gleichen hochentwickelten Begabungen. Es sei nur erinnert an die viele Generationen in Blüte stehende aus Schaffhausen stammende Uhrmacherfamilie der Habrecht, von denen die zwei Brüder Isaak und Josias die Straßburger zweite Münsteruhr von 1574 mit ihren Automatenfiguren geschaffen haben, von der manche andere abhängen, während die künstlichen und kunstvollen kleineren ebenso ausgestatteten Hausuhren wie die im Britischen Museum zu London von 1589 und die vor 1618 vollendeten in Schloß Rosenborg in Kopenhagen nicht geringere Bedeutung hatten.

Die Namen der Nürnberger Instrumentenerfinder und Uhrmacher sind verbunden mit denen der berühmtesten deutschen Gold- und Silberschmiede. Davon zeugt u. a. die berühmte messingene Meßscheibe, beiderseits mit Radierungen von Jost Ammann 1578 verziert im Mathematischen Salon. Sie stammt ja auch von keinem geringeren, als dem berühmten Nürnberger Goldschmied Wenzel Jamnitzer (1508–1588). Auch von dem nicht minder kunstvollem Nürnberger Goldschmied, dem Schwager W. Jamnitzers, Elias Lencker, † 1591, besitzt der Mathematische Salon eine Uhr mit Schlagwerk, die auf einem Kassettenschränkchen steht. Indessen belehrt uns die Herkunft hervorragender Werke dieser ganzen Gattung aus jenen berühmtesten Kunstkammern, daß die zu ihrer Erfindung und Ausführung erforderlichen Kenntnisse in Mathematik und Physik, in Mechanik und