Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/56

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die darin gipfelte, daß insbesondere die allen mechanischen Kunstfertigkeiten zugeneigten Fürsten sich nicht nur die besten Kunstdrechsler zu verpflichten strebten, sondern auch selbst sich darin übten. Kein Wunder, daß auch Uhren und Automatenwerke hiermit verbunden wurden. Der nach Dresden berufene Elfenbeindrechsler Egidius Lobenigk hat 1589 eine kunstvolle Säule aus Elfenbein hergestellt, die von einer sog. Kontrafektkugel gekrönt ist (Inv. II, 133). Ein oberer Reifen dieser Kugel enthält die Stundenzahlen und auf der Kugel zeigt eine silbervergoldete Figur, indem sie sich dreht, die Stunden an. Auf dem Sockel stehen bewegliche Musikanten um die Säule herum. In dem Sockel steckt das Triebwerk und das Uhrwerk samt einem Musikautomaten.

Die fürstlichen Sammler begnügten sich nicht damit, solche Werke von ortsansässigen Meistern ausführen zu lassen, sie bezogen auch Werke von auswärts und veranlaßten ihre Meister zu vorübergehendem Kommen. So erhielt der 1547 geborene Augsburger Uhrmacher Hans 1585 und 1592 vom Rat der Stadt die Erlaubnis, je ein Jahr lang auswärts zu wohnen. Zwei erhaltene Briefe von ihm beweisen, daß er sich im Sommer 1589 längere Zeit in Dresden aufgehalten hat. Von ihm besitzt der Mathematische Salon eine Uhr mit Weihnachtskrippe mit den beweglichen, bemalten, teils geschnitzten, teils in Bronze gegossenen Figuren der Engel, der Hirten und der heiligen Könige mit begleitender Musik. Das Ganze in der Form einer architektonisch in zwei Geschossen aufgebauten, mit Blendarkaden und Nischen gegliederten Kapelle. In den Arkaden getriebene silberne Reliefs nach Etienne Delaulne (1519–1595), in den Nischen gegossene Figürchen. Auf der Plattform des ersten Geschosses, die von den Aufbauten des zweiten Geschosses flankiert wird, befindet sich die Gruppe der Anbetung. Darüber von vergoldeten Voluten getragen die Himmelskugel mit krönendem Turm zu Babel, deren mit den Sternbildern u. a. getriebene Hälften sich öffnen und vorn Gottvater, hinten das Zifferblatt der Uhr enthüllen. Hier ist also die Uhr nur noch die Beigabe zu einem Automatenwerk, während im Anfang der Entwicklung das Verhältnis umgekehrt war. Ebenso wie die Mechanik der Uhr und der Automaten einen Höhepunkt der Technik bedeutet, so ist auch jede Einzelheit des Aufbaues und seiner Verzierung mit höchster Sorgfalt durchgebildet. So erklärt es sich, daß dieser Meister auch für Kaiser Rudolf II. in Prag und für Herzog Wilhelm V. von Bayern in München tätig war. Dieser letztere schenkte zusammen mit Herzog Ferdinand von Bayern dem Herzog Ferdinand von