Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/97

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eine eingehendere Kenntnis gehabt hätten, ebensowenig auch Anton Eisenhoit. Dagegen ist es durchaus wahrscheinlich, daß der gelehrteste Mann seiner Zeit, Herzog Heinrich Julius, diese philosophischen und grammatischen Schriften studiert hatte. Und da er auch Dichter war, so dürfen die deutschen Reime, die den Inhalt des Zitats wiedergeben, als sein Eigentum angesehen werden. Die Bitte der Schlußzeile des Gedichts aber, die auch schon auf einer Medaille der Kurfürstin Sophie von Tobias Wolf 1589 angebracht ist, konnte ihrem Schwager als deren Wahlspruch nicht unbekannt sein. Hat aber Herzog Heinrich Julius so einen Beitrag zu dem Spiegel geliefert, dann ist es auch gar nicht unwahrscheinlich, daß er an dem allegorischen Inhalt und der Komposition des Spiegels beteiligt war.

Diese allegorische Bedeutung der gestaltenreichen Ausstattung des Wandspiegels war auch der Kurfürstin-Witwe Sophie von Sachsen und ihren Nachkommen wohlbekannt und wurde zugleich mit der Abgabe des Spiegels an die Kunstkammer mitgeteilt und in deren Inventar eingetragen.

Nach den Angaben des Inventars und den Beischriften auf vier Glasplatten des Spiegels bezieht sich die Allegorie nur auf das siebente Kapitel des Propheten Daniel, auf das in diesem Kapitel Daniels erzählte Traumgesicht Daniels von den vier aus dem Meer entstiegenen verschiedengestaltigen Tieren, das auf die vier weltlichen Königreiche gedeutet wird, und dem Menschensohn, dem im Himmel das ewige Königreich verliehen wird. Die vier hintermalten Glasscheiben unter den vier Rittern zeigen die vier Tiere aus dem Traum Daniels, jene sind also die Herren der vier weltlichen Königreiche, der Ritter aber, der vor der Spitze des Spiegels steht, ist nach Hainhofers Auslegung die Statue aus dem Traum Nebukadnezars, die nach Daniels Auslegung gleichfalls die vier weltlichen Königreiche vorstellt. Zu diesen vier Königreichen kommt nun noch die Darstellung aller übrigen Königreiche der Erde durch die Wappenscheiben an den beiden Gesimsen, über denen die runde Wappenscheibe mit allen Gliedern des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation unter dem Zeichen Christi als die größte erscheint. In dem ganzen Zusammenhang kann damit nur das Königreich gemeint sein, das nach Daniel 2, 44 von Gott über alle errichtet wird, um ewiglich zu bleiben. Die Darstellung auf dem Deckel des Spiegels bezieht sich in dem Relief des Vordergrunds auf das Gericht, das auch bei Daniel verkündet wird über den letzten Herrscher der Welt. Im Hintergrund beruht die Gegenüberstellung der brennenden Stadt gegen die