Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 3.pdf/162

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Ganz in ähnlicher Weise ist an der runden Deckelschale aus Chalzedon auf Tafel 46 die gegebene gedrungene Form zunächst koloristisch belebt durch die wieder hellblau emaillierte, mit Diamanten besetzte goldene Randfassung und die auf dem Deckel inkrustierten Rubine. Dann aber wird der Dose eine ganz andere Bedeutung verliehen, an die ihr Hersteller sicher nie gedacht hat. Sie wird durch die ihr aufgesetzte geschweifte goldene Spitze zum Träger der von dieser getragenen flachen runden Uhr, deren Form wiederum, durch die seitlichen Drachenbüsten vorbereitet, nach oben ausklingt in die das Ganze krönende Büste. So hat die in die Breite ausgedehnte Dose eine vertikale Tendenz bekommen, sie ist jetzt der Sockel eines Kunstwerks, genau so, wie der Sockel des Kabinettstücks mit dem Kameo des Kaisers Augustus auf Tafel 48. Es ist hier die Miniaturausgabe eines Kabinettstücks, wie dort das Kabinettstück als die Miniaturausgabe eines Denkmals entstanden ist. Die ziselierte und emaillierte Arbeit an dem goldenen Deckel der Uhr ist natürlich wieder ein Kleinod von Minuteriearbeit. – Die innen und außen bis auf den mit Rubinen zwischen Diamanten eingefaßten Knopf des Deckels ganz mit Email überzogene goldene Vase, die vorn auf den Denkmalsplatz des Obelisken gestellt ist, abgebildet auf Tafel 46, ist in so geschlossenen Formen ausgeführt, wie man sie damals auch in Gartenanlagen an großen Marmorvasen sehen konnte, sie wahrt also ebenso den Charakter des ganzen Denkmals im kleinen. Nur an drei Stellen des Schulterwulstes der Vase sind Rollwerkbügel angesetzt, alle übrige Verzierung besteht in Malerei. Diese ist entsprechend den drei Bügeln oben auf dem Deckelrand und unten um die Vasenwand je in drei Felder gegliedert und diese sind mit eingerahmten Landschaften ausgestattet, oben zwischen Festons, unten zwischen Büsten, Festons und Ranken. Es liegt nahe, die Art ihrer Bemalung mit der der Vase und des Beckens vom Hofhalt des Großmoguls auf Tafel 45 zu vergleichen. Dort ist Vase und Becken mit heroischen See-Landschaften mit weiten Fernblicken und belebt mit mythologischen Gestalten in der Art von Poussin und Claude Lorrain ohne Einengung durch Rahmen ringsum bemalt, der Maler hat damit eine glänzende Probe seiner Kunst als Landschafts- und Figurenmaler abgelegt; in der Ornamentik zeigt er sich stark abhängig von Jean Bérain d. ä. An der Vase vom Obelisken sind die landschaftlichen Motive ungleich stiller und einfacher und bilden in ihrer Umrahmung nur Teile der gesamten Dekoration der Vase, deren krauses Rankenwerk von Bérain unbeeinflußt ist. Diese Bemalung trägt ganz den