Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 4.pdf/11

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
DER INHALT DES GRÜNEN GEWÖLBES
ÜBERSICHT ÜBER DEN 4. BAND DES TAFELWERKES


EINLEITUNG

Wie bei den meisten fürstlichen Sammlungen des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts sind auch bei der Kunstkammer der sächsischen Kurfürsten in Dresden Aufbau und Ordnung von Tatsachen und Erwägungen bestimmt, die sich nur aus ihrer geschichtlichen Gegebenheit begreifen lassen. Wenn sich solche Schöpfungen bis in die Gegenwart erhalten haben, so wird man auch bei ihrer wissenschaftlichen und literarischen Würdigung andere Gesichtspunkte aufstellen als sie sonst bei kunstgeschichtlichen oder museumskundlichen Forschungen gewählt werden. Das spiegelt sich auch in diesen Bänden. Dem Herausgeber lag die Aufgabe ob, dem ungewöhnlichen Reichtum der Bestände, wie sie sich im Laufe von drei Jahrhunderten zusammengefunden hatten, ebenso gerecht zu werden wie der Mannigfaltigkeit der sachlichen Zwecke, der Werkstoffe, der zeitlichen und örtlichen Herkunft, der künstlerischen Gestaltung nach Generationenstil und Persönlichkeitsausdruck, ja sogar der Einschätzung, die das einzelne Stück zur Zeit seines Ursprungs oder seines Eintritts in die Sammlung vom Hersteller und Käufer oder Geschenkgeber erfahren hat. Man wird zugeben, daß hier kein System der Gegenwart, wie es die Wissenschaft der Organisation geistiger Arbeit liefert, entscheiden konnte. Form und Maßstab ergaben sich allein aus dem Verhältnis des Bearbeiters zu seinem Stoff.

Aber noch ein anderer Umstand muß bei dem Urteil über das Werk in Rechnung gestellt werden. Je tiefer die Forschung in die einzelnen Dokumente und Phasen der Entwicklung künstlerischen Gestaltens eingedrungen ist, desto nachdrücklicher forderte sie bildliche Wiedergabe aller Erzeugnisse, die uns aus der Vergangenheit erhalten sind. Begnügte man sich noch vor einem Menschenalter mit Veröffentlichungen, die nur einige, d. h. die – nach dem Ermessen der Herausgeber – hervorragendsten Werke eines Meisters, einer Gruppe oder einer Sammlung darstellten, so scheint es heute notwendig, dem Auge und damit dem wissenschaftlichen Urteil die Gesamtheit des Vorhandenen darzubieten. Aus dem „Führer“, der „Auswahl“ wurde der „Katalog“, das „Inventar“. Man verzichtete eher auf Kostbarkeit der Bildtechnik oder der Buchgestaltung, Monumentalität der Erscheinung oder andrerseits Handlichkeit