Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 4.pdf/42

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des Drachen: ein Witz von geradezu genialem Cynismus, der dem Humor des nürnbergischen Handwerkers alle Ehre macht.

Es ist nicht unmöglich, daß der Ruhm dieser Arbeit ihrem Meister den Weg nach Berlin eröffnet hat. Am 6. April wird er von Friedrich Wilhelm I. als kurfürstlicher Münzschneider, Modelleur und Hofbildhauer in Dienst genommen. Es vergingen aber zehn Jahre – das Bildwerk war inzwischen in der Dresdner Schatzkammer gelandet – ehe der Meister, durch vielerlei Arbeit, besonders für die Münze stark in Anspruch genommen, seinem hohen Herrn eine Darstellung vom Umfange der Georgsgruppe Karls II. widmete. Die Erinnerung an die englische Aufgabe spukt in der Darstellung noch durch die Georgsmedaille, die der Fürst an der rechten Hüfte trägt, und die Devise des Hosenbandordens auf dem Säbel. Der Held schwingt einen kurzen Speer, ein antikischer Helm schützt das Haupt. Das Pferd erhebt sich nicht in wohltrainierter Kurbette, sondern sprengt in vollem Laufe über den dreiköpfigen Drachen hinweg. Wenn auch die Inschrift: „Gottfried Leygebe 1680“ den Meister verkündet, spürt man in der flaueren und trockeneren Komposition doch das Nachlassen der künstlerischen Kraft. Drei Jahre hat Leygebe den zentnerschweren Block, den ihm die Eisenhütte Claustal geliefert hatte, unter der Hand gehabt: „Nachdem ich das Stück Eysen mit S. D. Bildnis Pferde verfertiget, welches ich nicht for 2000 Rthler schaffen und nunmehr keines machen kan ... das ich dabey meine Gesundheit (mit Antrücken des Leibes) verloren“, klagt der Meister.

Man hat seinen Stil in zwei flachgeschnittenen Gruppen erkennen wollen, die mythologische Szenen in Bernstein darstellen: der Sieg des Perseus über Polydektes und seinen Anhang und das Parisurteil, beide im Deutschen Museum, Berlin (Bange a. a. O. Nr. 858 u. 859, S. 105/106). Wenn Leygebe auch die Kunst des Bernsteinschneidens gepflegt hat, so kann das kaum zu einer andern Zeit geschehen sein als nach seiner Übersiedlung nach Berlin, wo der große Kurfürst besonders für Geschenke an den russischen Hof, das Bernstein bevorzugte. Das Parisurteil kam 1690 in die kurfürstliche Kunstkammer: es zeigt die gleiche Hand wie eine Gruppe der drei Grazien im Grünen Gewölbe (III. 64), die 1725 schon im Pretiosensaal vorhanden ist. Sowohl was die Komposition der Gruppe anlangt, die der Szene einen Rahmen von Wald und Fels gibt, als auch in den Proportionen der Figuren, der Behandlung von Haar und Gewand, Einfügung der Putten, besonders deutlich in dem schwebenden Liebesgott oben links, der leider bei der Dresdner Gruppe stark beschädigt ist, schließlich auch in den