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hatte. Sie war dabei nur halb erwacht und viel zu matt und schlaftrunken, um die Augen zu öffnen, sie wußte ebensowenig von der Schicht trockener Algen, die nun ihre durchnäßte und fröstelnde Gestalt bedeckten und erst recht nichts von den scheuen, zärtlichen Blicken, mit denen Trebber ihr ins Gesicht geschaut hatte, als er sie in den Armen hielt und sanft an sich drückte und auf das neue Lager bettete. Sie wäre empört gewesen, wenn sie geahnt haben würde, daß dieser Guy Trebber es sogar gewagt hatte, sie mit aller Zartheit auf das kecke Stirnlöckchen zu küssen. Ihr war das alles entgangen.

Stunden verstrichen so. In der Grotte rührte sich nichts. Nur das tiefe Atmen der Schläfer und draußen das sanftere Rauschen der nimmermüden Brandung blieben die einzigen Geräusche in dieser Stätte der Ungewißheit und der Wohltat eines alle Sorgen und Zukunftsbefürchtungen ausschaltenden festen und todähnlichen Schlummers.

Die Sonne näherte sich dem westlichen Horizont. Ihre Strahlen färbten sich rötlich. Von der See stieß die frische Brise in die Grotte und säuselte wie feine Geisterstimmen in den Rissen und Winkeln und Zacken. Das Vorgebirge war nun infolge der Ebbe deutlich sichtbar. Seine alleräußerste Schroffe zeigte die Form eines grob gemeißelten Frauenkopfes – im Profil.

Seevögel und blauschwarze Raben aus dem Innern der Tabu-Insel stelzten am Strande auf und ab und heimsten die reiche Beute der Ebbe ein. Aber stolz und unnahbar wie stets reckte das

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W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)