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Talofas nie ernst genommen, er hatte sich’s nicht vorstellen können, daß ein Inselvolk zu derartigen Methoden greifen könnte, um die Bevölkerungsziffer niedrig zu halten.

Nun erfuhr er die entsetzliche Wahrheit, und diese volle Wahrheit packte auch an sein Herz mit schmerzlicher Wehmut und mit ehrlichem Erbarmen.

Er drückte Talofa fester an sich und tröstete sie und entwarf zu ihrer Beruhigung allerlei Pläne, um das Grauenvolle zu verhüten, das auch ihnen beiden drohte, wenn erst die Zeit gekommen sein würde, daß ihrer heimlichen Liebe schönste Frucht ausreifte und vor diesem Wahnsinn des Kindermordes behütet werden mußte.

Mac Gory fand in diesen Minuten, wo gemeinsame Sorge ihrer beider Herzen peinigte, auch den Weg zu der Seele dieses Naturkindes und verstand es, ihr mit nüchternen und doch liebevollen Worten ihre grauenvolle Mission in einem anderen Lichte zu zeigen, wobei auch er fühlte, mochte er auch ein schlichter Matrose sein, daß das Geschick ihn an diese Küste geworfen hatte, damit er zum Retter von ungezählten unschuldigen Säuglingen würde, die nie an der Mutterbrust trinken sollten, damit das Volk der Kanaken nicht durch Hungersnöte dahinsieche.

Er streichelte ihr dunkles und so seidiges Haar und küßte sie und raunte ihr den Namen ins Ohr, der als einziger für ihn eine geschichtliche Bedeutung besaß, die mit den früheren Begräbnisgebräuchen der Marquesaner zusammenhing.

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)