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Einflüssen zu öffnen, die nur Gutes fördern konnten: Das Landschaftsbild und die Umgebung des Hauses der Liebe und die ganze seltsame Lage, in der sie und ihre Gefährten sich befanden!

Alles ringsum strotzte vor Fruchtbarkeit und urwüchsiger Schönheit. Bäume und Büsche und Gräser und Blumen strömten Duftwellen aus, die zusammen mit dem zarten Flüstern der Palmen und dem Gesang unzähliger Vögel und dem friedvollen Meckern der Ziegen drüben in den Hürden wie eine feine Mahnung der Natur waren, daß der Mensch mit seinesgleichen Nachsicht haben sollte!

Eine zarte Wärme der reinen Menschengüte durchflutete Margas Herz. Sie betrachtete Trebber nochmals und erkannte nun die Falten des Grames um seinen harten Mund und die Wülste des noch härteren[1] Erlebens auf seiner Stirn. Ihre Augen hingen unverwandt auf seinen weißen Haarsträhnen, und plötzlich erkannte sie, daß dieser Mann über eine eigentümlich anziehende und imponierende Schönheit verfügte, die freilich nur für Kenner ihren Reiz hatte, für – Lebenskämpfer, nicht für schwächliche Naturen.

Das da war das Gesicht eines Mannes, der durch die Fegefeuer der Hölle gegangen sein mußte und doch nie den Mut verloren hatte, – das war eben der Charakterkopf eines ganzen Kerls!

Marga lächelte träumerisch und etwas beschämt. Eines ganzen Kerls! Wie spät sie das einsah. Wie spät!

  1. Vorlage: härtenen
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)