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der unruhigen See und der starken Brandung gelungen, für immer aus den Augen der Bewohner von Fatu Hiwa zu verschwinden. Es handelte sich um vier junge Mütter, deren Neugeborene letztens scheinbar dem grausamen Gesetz der Kindestötung zum Opfer gefallen waren.

Ein leeres Fischerboot war an Land geworfen worden. Es gehörte dem Gatten einer dieser Frauen, und in dem Boot hatten die vier gesessen. Sie waren vom Sturme offenbar überrascht worden und auf See umgekommen. Ihre Leichen konnten nicht gefunden werden, und niemand suchte nach ihnen. Die Haie ließen keinen Toten je wieder auftauchen.

Die schöne und weichherzige Oro-Königin besaß die feinen Sinne aller Naturkinder. Trotz des Rauschens der Palmen und trotz des andauernden Knisterns und Wisperns der Büsche und des Lärmens der Brandung vernahm sie das sanfte Pfeifen eines Vogels. Daß der Vogel sich nachts meldete, war ein Beweis, daß die gut nachgeahmte Stimme aus menschlicher Kehle kam.

Das Mädchen flog mit einem Glücksschimmer in den dunklen Augen empor und eilte zu dem einzigen Eingang im Dornenwall, den sie nach Dunkelwerden stets verschloß. Sie zog die Dornenbüsche zurück, und eine flinke Gestalt huschte dem versteckten Hause zu. Derweil hatte der Wolkenvorhang den Mond völlig freigegeben und beleuchtete, durch die Baumkronen lugend, das selige Paar, das sich in dem Wohnraum Talofas eng umschlungen hielt.

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)