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Nur daß er jetzt sein Herz ihr öffnen wollte und sich dann zurückfinden zu jenem überlegenen Schmunzeln von einst, als er Marga auf der Brücke der Selbstmörder gegenübergestanden hatte. Damals hatte er noch schmunzeln können und weise Ratschläge erteilen und hatte seine Falten und Fältchen im matt-braunen Tropengesicht teilnehmen lassen an dieser innerlichen Ausgeglichenheit. Heute war diese Möglichkeit ausgeschaltet. Sein Schmunzeln derer, die sich durchgekämpft haben zu der Abgeklärtheit der ganz Weisen, hatte vor der Liebe kapituliert.

Liebe ging auf der Insel der Liebe um – genau wie Haß und Gier und Mißverstehen und Entfremdung und das ungeklärte Durcheinander der aufgepeitschten Empfindungen, die nicht mehr zu analysieren waren, weil die Grundelemente auch nur Trug und Irrtum waren.

Vielleicht hätte er sich auch jetzt aus seinem Versteck nicht hervorgewagt, wenn er nicht ihre Tränen gesehen hätte. Er glaubt zwar nicht, daß er selbst die Ursache dieser tiefen Niedergeschlagenheit sein könnte, er sah sie unglücklich und verzagt, und das genügte ihm.

Marga schaute auf und erschrak nicht einmal bei seinem unerwarteten Anblick. Sie hatte mit jenem allerfeinsten Vorgefühl, das bei Frauen, die der Liebe Leid erfahren haben, beinahe einer Gabe des Hellsehens gleicht, wohl vermutet, daß Pei Feng mit diesem Spaziergang Besonderes plane, und was sollte es für sie Besonderes geben, das nicht mit Brack zusammenhinge?!

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/244&oldid=- (Version vom 1.8.2018)