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Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye. In: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich. Jahrgang 1920, S. 995–1244

2. Alle Urteile, welche seit 4. August 1914 von den Gerichtsbehörden der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie gegen italienische Staatsangehörige, einschließlich derjenigen, welche die italienische Staatsangehörigkeit auf Grund des gegenwärtigen Vertrages erlangen, wegen politischer Verbrechen oder Vergehen gefällt wurden, sind nichtig.

3. Bezüglich der vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages bei den zuständigen Behörden der an Italien überwiesenen Gebiete begonnenen Verfahren und bis zum Inkrafttreten eines diesbezüglichen besonderen Abkommens sind die italienischen und österreichischen Behörden wechselseitig befugt, direkt miteinander zu verkehren, und es wird dem bezüglichen Ersuchen Folge gegeben, jedoch unter Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Bestimmungen des Landes, an dessen Behörden das Ersuchen gerichtet ist.

4. Alle Rechtsmittel, welche bei den höheren österreichischen – außerhalb der an Italien überwiesenen Gebiete befindlichen – Gerichts- und Verwaltungsbehörden gegen Entscheidungen der Gerichts- oder Verwaltungsbehörden der genannten Gebiete anhängig gemacht wurden, werden nicht mehr erledigt. Die Akten sind den Behörden, gegen deren Entscheidung das Rechtsmittel ergriffen wurde, zurückzustellen; diese haben sie unverzüglich der zuständigen italienischen Behörde zu übermitteln.

5. Alle anderen Fragen der richterlichen Zuständigkeit, des gerichtlichen Verfahrens oder der gerichtlichen Verwaltung werden durch ein besonderes Abkommen zwischen Italien und Österreich geregelt.

Abschnitt II.
Serbisch-kroatisch-slowenischer Staat.
Artikel 46.

Österreich erkennt, wie es bereits die alliierten und assoziierten Mächte getan haben, die volle Unabhängigkeit des serbisch-kroatisch-slowenischen Staates an.

Artikel 47.

Österreich verzichtet für seinen Teil zugunsten des serbisch-kroatisch-slowenischen Staates auf alle Rechte und Ansprüche auf die Gebiete der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, die jenseits der Grenzen Österreichs, wie sie in Artikel 27 des II. Teiles (Österreichs Grenzen) beschrieben sind, liegen und durch den gegenwärtigen Vertrag oder irgendwelche andere zur Regelung der einschlägigen Angelegenheiten abgeschlossene Verträge, als zum serbisch-kroatisch-slowenischen Staat gehörig anerkannt sind.

Empfohlene Zitierweise:
: Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye. In: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich. Jahrgang 1920, S. 995–1244. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1920, Seite 1038. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Staatsgesetzblatt_(Austria)_1920_1038.jpg&oldid=- (Version vom 24.2.2023)