Seite:Staatsgesetzblatt (Austria) 1920 1088.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye. In: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich. Jahrgang 1920, S. 995–1244

§ 8.

Alle Beratungen des Ausschusses sind geheim, soweit er nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen ein anderes bestimmt.

§ 9.

Auf Antrag der österreichischen Regierung hat der Ausschuß alle Gründe und Beweise anzuhören, die von Österreich hinsichtlich aller seine Zahlungsfähigkeit betreffenden Fragen vorgebracht werden; die Fristen für dies Vorbringen setzt sie von Zeit zu Zeit fest.

§ 10.

Der Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der österreichischen Regierung Gehör nach Billigkeit, ohne daß dieser jedoch irgendein Anteil an den Beschlüssen des Ausschusses zusteht. In gleicher Weise gewährt der Ausschuß Österreichs Bundesgenossen Gehör, wenn deren Interessen nach seiner Ansicht in Frage kommen.

§ 11.

Der Ausschuß ist an keine Gesetzgebung, keine bestimmten Gesetzbücher, auch nicht an besondere Vorschriften über die Untersuchung und das Verfahren gebunden; er läßt sich von der Gerechtigkeit, der Billigkeit und von Treu und Glauben leiten. Der Ausschuß hat bei seinen Entscheidungen für gleichliegende Fälle einheitliche Gesichtspunkte und Regeln zugrunde zu legen. Er regelt das Beweisverfahren für die Schadensersatzansprüche. Er kann jede ordnungsmäßige Berechnungsart anwenden.

§ 12.

Der Ausschuß hat alle Vollmachten und übt alle Befugnisse aus, die ihm der gegenwärtige Vertrag zuweist.

Allgemein stehen dem Ausschuß hinsichtlich der Frage der Wiedergutmachung, wie sie im gegenwärtigen Teil behandelt ist, die weitestgehenden Überwachungs- und Ausführungsbefugnisse sowie die Ermächtigung zur Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles zu. Der Ausschuß bildet im Rahmen der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages die alleinige Vertretung der Gesamtheit der in §§ 2 und 3 genannten alliierten und assoziierten Regierungen, und zwar einer jeden, soweit sie beteiligt ist, zur Empfangnahme, zum Verkauf, zur Verwahrung und zur Verteilung der von Österreich gemäß den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertragsteiles

Empfohlene Zitierweise:
: Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye. In: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich. Jahrgang 1920, S. 995–1244. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1920, Seite 1088. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Staatsgesetzblatt_(Austria)_1920_1088.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)