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Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye. In: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich. Jahrgang 1920, S. 995–1244

Artikel 355.

Geht von der in Frage kommenden Regierung in angemessener Frist keine Erklärung ein, oder hält der Verwaltungsrat die eingehende Erklärung für unzureichend, so hat der Verwaltungsrat das Recht, die eingegangene Beschwerde und gegebenenfalls die erteilte Antwort zu veröffentlichen.

Artikel 356.

Jeder Mitgliedstaat kann beim Internationalen Arbeitsamt eine Beschwerde gegen einen anderen Mitgliedstaat vorbringen, der nach seiner Ansicht ein von beiden Teilen auf Grund der vorstehenden Artikel ratifiziertes Übereinkommen nicht in befriedigender Weise durchführt.

Der Verwaltungsrat kann sich, wenn er es für angebracht hält, mit der Regierung, gegen die die Beschwerde sich richtet, in der im Artikel 354 bezeichneten Weise in Verbindung setzen, bevor er nach dem weiter unten angegebenen Verfahren einen Untersuchungsausschuß mit der Angelegenheit betraut.

Hält es der Verwaltungsrat nicht für nötig, die Beschwerde der in Frage kommenden Regierung mitzuteilen, oder läuft bei ihm nach erfolgter Mitteilung keine befriedigende Antwort innerhalb einer angemessenen Frist ein, so kann er die Bildung eines Untersuchungsausschusses herbeiführen, dem es obliegt, die streitige Frage zu prüfen und darüber zu berichten.

Das gleiche Verfahren kann von dem Verwaltungsrat entweder von Amts wegen oder auf die Beschwerde eines Vertreters, der Mitglied der Hauptversammlung ist, eingeschlagen werden.

Kommt eine auf Grund der Artikel 355 oder 356 aufgeworfene Frage vor den Verwaltungsrat, so hat die in Frage stehende Regierung, falls sie nicht schon einen Abgeordneten im Verwaltungsrat hat, das Recht, einen Vertreter zur Teilnahme an den betreffenden Beratungen des Verwaltungsrates zu ernennen. Der für diese Verhandlungen bestimmte Zeitpunkt ist der in Frage kommenden Regierung rechtzeitig mitzuteilen.

Artikel 357.

Der Untersuchungsausschuß wird auf folgende Weise gebildet:

Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages drei in industriellen Fragen maßgebende Personen zu bezeichnen, eine zur Vertretung der Arbeitgeber, eine zweite zur Vertretung der Arbeitnehmer und eine von beiden unabhängige dritte.

Empfohlene Zitierweise:
: Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye. In: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich. Jahrgang 1920, S. 995–1244. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1920, Seite 1221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Staatsgesetzblatt_(Austria)_1920_1221.jpg&oldid=- (Version vom 27.2.2023)