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sah in den Sälen nur noch Carl II. mit seinen vornehmsten Günstlingen wie Leute auf- und abwandeln, die durchaus nicht wissen, was sie anfangen sollen.

Der König, schwarz gekleidet – eine elegante Figur mit einem unschönen, von Leidenschaften durchfurchten, blassen Gesichte – hatte den schwarzseidenen Hut mit der schneeweißen Feder tief ins Gesicht gezogen. Er sagte kein Wort und sah, ungeachtet der frivolen Witze des Cavaliers, welchem er seinen Arm gegeben, sehr schwermüthig aus.

Dieser Mann war John Wilmot, der durch seine Satyren, seinen Atheismus, sein ausschweifendes Leben, durch seine Verführungskünste, Frauenzimmern gegenüber, und vielleicht auch durch seine Bekehrung berühmt und berüchtigt gewordene Graf von Rochester. Rochester war noch jung und besaß ein einnehmendes Gesicht, das durch den gänzlichen Mangel an Bart etwas Weibisches erhielt. Er war ganz in weiße, schwer mit Gold gestickte Seide gekleidet und augenscheinlich etwas berauscht.

Neben John Wilmot ging Blood, „dieser vollkommene Bösewicht in Priesterkleidung“, wie ihn Rochester in seiner großen Satyre nennt, salbungsvoll blickend und zweideutige Witze mit großer Fertigkeit reißend. Blood hatte Antony Ashley Cooper, Grafen von Shaftesbury, dieser den Herzog von Buckingham am Arm. Letzterer war ein vollendeter Hofcavalier, der würdige Freund Lord Rochesters.

Nie waren diese Herren ernst, als wenn die Guineen anfingen zur Neige zu gehen. Da sie jetzt ungeheuer ernst waren, so mußte in ihren Börsen oder vielmehr in der Börse des Königs totale Geldebbe eingetreten sein.

– Alles ist zu Ende! sagte Carl II. zu John Wilmot, welchen stets das Geschäft traf, den weiten Schlund von Zeit zu Zeit zu füllen, welcher die Chatouille des Königs hieß. Wir haben nichts, als Unsern Brillantring hier am Finger, und doch müssen Wir Geld haben . . .

– Die goldene, mit Diamanten verzierte Kapsel, in welcher das Bürgerdiplom von London für Eure Majestät eingeschlossen war, hilft über einige Schwierigkeiten hinweg, sagte Rochester.

– Ach, diese phantastische Idee des Lordmayours war zu komisch, flüsterte der König. Wir haben die Kapsel daher ihr gegeben . . .

– Der Herzogin von Portsmouth? rief John.

Carl nickte und Rochester summte das Lied: „Go away my Wealth and fortune etc.“

– Wißt Ihr verwünschten Vampyre, fragte Carl jetzt sehr finster, wieviel Ihr mir binnen acht Tagen verschlungen habt?

– König Carl, sagte der Bischof Blood, welcher ihn am unverschämtesten bestahl, ich habe seit vier Wochen gefastet.

– Dafür hast Du gestern auch eine Mahlzeit von sechstausend Pfunden gethan! erwiderte Carl . . . Deine Schulden, Mylord John, habe ich bezahlt und, Christi Blut! welche Schulden! . . . Shaftesbury, Gott wolle Dir gedenken, was Du mir für Deine vier römischen Feste in Ashley-House abgepreßt hast. Ich glaube, Cooper, Du bist der schändlichste, leichtfertigste Patron in Unserm Königreiche.

– Mit Eurer Majestät Erlaubniß, antwortete der witzige Shaftesbury, wenn Sie von

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/119&oldid=- (Version vom 1.8.2018)