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David Teniers höchst humoristisches, lebenathmendes Bild gilt daher dem Wesentlichen nach noch heute vollkommen. Charakteristischer wäre eine solche Bauernhochzeit mit allen Nüancen schwerlich aufzufassen. Das vortreffliche Blatt erklärt sich selbst; eine Idee, welcher Geist etwa bei solchen Gelegenheiten in der Gesellschaft herrscht, haben wir oben angedeutet.




Die Clavierspielerin.
Von Kaspar Netscher.

Die Teniers und Ostades haben das Leben und Weben der untern Stände Niederland’s nicht frischer und wahrer aufgefaßt und mit geistvollerer Abwechselung nüancirt dargestellt, als Netscher dasjenige der höheren Gesellschaft seiner Zeit. Bei dem, durch die bedeutendsten technischen Fähigkeiten getragenen, mannigfach abgestuften Kunst-Naturalismus wird uns von Alt-Niederland ein Bild aufgerollt, wie wir es getreuer und reicher von keinem andern Lande besitzen. Bei Netscher kann man auf’s Vollständigste, außer dem Costüme, die Sitten und Manieren der schönen Welt während der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts studiren. Diese „Clavierspielerin“ gilt nicht mit Unrecht für eines der gelungensten Conversationsstücke Netschers. Es ist mit einer Leichtigkeit entworfen, mit einer geschmackvollen Anmuth vollendet, wie sie die ersten Meister des feinen Genres nicht vollendeter aufzuweisen haben. Nach dem phantastischen Hintergrunde, der Zimmerwand zu urtheilen, scheint die Spielerin dem Theater anzugehören und mit ihrem, sie anbetenden Cavalier ein musikalisches Examen anzustellen. Unter dieser Voraussetzung besitzt das Gemälde einen Humor, der kaum feiner und ergötzlicher ausgedrückt werden kann.




Das Kloster.
Von J. Ruisdael.

Diesmal hatte Jakob Ruisdael eine Fußtour unternommen, die sich bis über Ath hinaus ausdehnte. Hier beschloß er Halt zu machen. Er packte die unschätzbare Beute, welche er auf seinem Streifzuge erobert hatte, eine Folge der poesiereichsten Landschaftsbilder, ein und sandte sie nach seiner Vaterstadt Harlem. Dann bestieg er sein Roß und gedachte seinem Geiste einige Ruhe zu gönnen und heimkehrend mit vollster Beschaulichkeit das zu genießen, was er zum Entzücken der Welt auf die Leinwand zu schaffen verstand: das tiefgeheimnißvolle Leben in der Natur.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/297&oldid=- (Version vom 1.8.2018)