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Sieh, mein Freund, sprach der Chemiker, dies alles habe ich durch die Kunst, welche ich entdeckte, gewonnen. – Gaetano horchte athemlos. – Aber glaubst Du, daß der Anblick dieses Goldes mich dafür entschädigt, daß ich meine Entdeckung bisher noch in keine menschliche Seele habe niederlegen können? – Du wirst hören, Du wirst sehen und wirst begreifen, daß alle Macht der Welt in meinen Händen liegt! Habe ich Dich später erprobt, habe ich Dich so treu und würdig wie bisher erfunden, so wirst Du Theilnehmer meiner Erfindung, damit ich den Weg in den kalten Regionen der Wissenschaft nicht mehr allein, wie ein vom Leben Abgeschiedener, zu wandeln nöthig habe.

Einige Zeit verstrich, und noch immer hatte Potterus sich nicht erklärt. Trombona ward fast unsinnig vor Neugierde und einer Leidenschaft, die sich später ausschließlich seiner bemächtigte. Der Holländer zeigte ihm eines Abends tief im untersten Gewölbe seines Kellers einen weiten, klaren Teich, in welchem einige Schichten Muscheln über einander lagen. Gaetano begriff erst dann, als Potterus sich bückte, eine Muschel und dann noch eine herausnahm und mit einem Instrumente aus den Schalen blitzende, runde Körper hervorlangte, die der Staunende als die unschätzbarsten, ächten Perlen erkannte. –

– Perlen! rief der Holländer. Einige einzige dieser Muscheln liefert mir für Tausende von Gülden dieser Kleinode jährlich, und meine Kunst ist es, meine stummen Arbeiter zu veranlassen, mir nach meinem Willen ihre herrliche Waare zu schaffen!

Tief erschüttert ging Trombona nach seiner Wohnung. Es litt ihn nicht mehr im Laboratorio des Holländers, nur unten im Gewölbe ward er ruhig. Stundenlang saß er und visitirte und untersuchte die Muscheln und forschte und grübelte; er sah das Wunder vor sich, aber je mehr er dasselbe zu begreifen strebte, desto verwirrter wurde er. Potterus aber ward ziemlich besorgt über seinen Freund.

– Es sind Lügen! Erasmus! rief Trombona eines Tages wild. Du täuschest mich. Diese mit Perlen prangenden Muscheln haben die Taucher aus der Tiefe des Meeres geholt; sie besaßen bereits die Perlen … und doch … ich sehe, die Lücke für die Perlen hast Du gebohrt … Erasmus, sage mir die volle Wahrheit, oder ich werde irrsinnig … Hast Du Lüge oder Wahrheit? –

– Wahrheit! rief Erasmus; dort in meinem Eisenkasten liegen die Recepte für das Teichwasser, für die Behandlung der Thiere, für mein ganzes Verfahren, dessen Resultat Du kennst! Aber, setzte er zögernd hinzu, noch bist Du nicht besonnen, nicht kaltblütig genug, als daß ich Dir das Geheimniß enthüllen könnte! –

Trombona schwieg düster und ging sehr bald fort. An diesem Abende war’s ein furchtbares Regenwetter. Trombona wußte, daß der Chemiker versprochen hatte, eine arme Kranke, über den alten Deich hinaus wohnend, zu besuchen; er hielt stets ein solches Wort. Gaetano besann sich, dann ließ er seinen Corsikaner zu sich kommen.

– Bastelika! kennst Du den Potterus?

Der Corsikaner sah erstaunt auf.

– Nimm diesen guten Dolch, und triffst Du ihn auf dem Wege von der Warmoen-Straat bis zum alten Deich, so stoß’ ihn nieder. Hier sind 100 Gülden!

Bastelika schüttelte zwar den Kopf, aber er nahm Waffe und Geld und ging in das Wetter

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)