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die geistvollen Züge des Sohnes des Meisters, des jetzigen Herrn Vogel von Vogelstein, eines Sternes am deutschen Kunsthimmel, zeigt: so möchte dadurch Manchem ein interessantes Feld von Betrachtungen geöffnet sein.




Der Wildprethändler.
Von Gabriel Metzu.

Tom Bosch war im Jahre 1632 das schönste Edelgut in der Umgegend des alten Lugdunum Batavorum, Leydens. Wenige Bewohner dieser Stadt mochte es damals geben, welche von keiner Wallfahrt nach dem Gute des „stillen Edeljonkers“ zu erzählen wußten. Tom Bosch lag etwa drei Stunden von Leyden, den alten Rhein hinaufwärts. Das Schloß selbst war in der niedrigen, breiten, niederländischen Manier gebaut und zeigte vorn ein ziemlich festes Thor mit einer alten Zugbrücke, die über den sehr breiten und tiefen Schloßgraben ins Innere der Besitzung führte. Vom Schloßhofe aus sah man die sämmtlichen Gebäude, das Herrenhaus, die prachtvollen Viehställe und Scheuren in einem unregelmäßigen Viereck um sich. Hier war noch das Altholland, wie es etwa im Jahre 1432 war. Die Pietät gegen die alten Herren hatten dem jungen Besitzer nicht erlaubt, an diesen ehrwürdigen, malerischen Gebäuden mit den weit überstehenden Dächern und endlosen Gallerien ringsum etwas zu verändern.

Ein damals modisches Paradies that sich aber auf, so wie man den mit bemalten Thonstücken gepflasterten Flur des Herrenhauses durchschritten hatte. Hier öffnete sich ein reich vergoldetes künstliches Gitter von Eisen, und ein Blumengarten nahm den Besucher auf, welcher selbst den Apathischsten der apathischen Holländer in lebendiges Entzücken versetzte. Beet reihte sich an Beet, rechts und links vor der Sonne blitzten die venetianischen Spiegelscheiben von zwei ungeheuren Treibhäusern, und wohin das Auge blickte, begegnete ihm eine hundertfarbige Pracht von Blumen, wovon die meisten ihre hundert und tausend Goldgulden kosteten. Dieser übrigens nicht große Blumengarten hieß das Rad. Seine mit schneeweißem Sande bestreuten Wege waren so kunstvoll und verschlungen angelegt, daß man, wollte man nicht unverrückt entlang der Gewächshäuser spazieren, genau eine halbe Stunde gehen mußte, um durch die, dem Schloßgitter gegenüberliegende Pforte in einen kleinen Wald zu gelangen. Man kann sich kaum das behagliche unendliche Vergnügen denken, mit welchem die Mynheers und ihre „Frouwen“ und Kinder die Windungen dieses bizarren Weges langsam durchmarschirten, um regelrecht in den Wald zu gelangen, der keinen Steinwurf weit entfernt war. Das Talent des Mynheers tom Bosch hatte in diesem blumengeschmückten Irrgarten das Geheimniß gefunden, durch die Nationaltugend, die unsägliche Geduld seiner Landsleute, ihnen einen unvergleichlichen Genuß zu verschaffen.

Den Eingang in den kleinen Wald bewachte eine Gruppe von sandsteinernen Wassergöttern, welche eine grünliche Fluth aus ihren Muscheltrompeten in ein steinernes Becken bliesen, in welchem eine große Anzahl von Goldfischen erschrocken schwamm. Dann kamen einzelne Gruppen großer und einige Alleen kleinere Bäume, nach dem Lineal und Winkelmaaß von acht

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/435&oldid=- (Version vom 1.8.2018)