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– So, jetzt geh und steh immerhin wie Du willst, Anna! sagte Metzu, seine Skizze einsteckend.

Tom Bosch ward bleich wie der Tod.

– Ihr, Ihr, stammelte er, den Maler fest am Mantel fassend, Ihr kennt diese Dame so genau?

– Wie sollte ich nicht? Es ist die Schwester meiner Hausfrau, Mynheer.

– Gott sei Dank! Also nicht die Hausfrau selbst.

– Aber, wäre denn das ein solches Unglück, wenn sie es nun wäre? fragte Metzu, hell auflachend.

– Ja, Mynheer, ja! brach Reginald aus. Es wäre mein Tod gewesen, denn ich, ich liebe Eure Schwägerin bis zum Wahnsinn.

– O, o! und wer seid Ihr denn?

– Ich bin der Edeljunker tom Bosch.

Metzu besann sich einen Augenblick. Dann erwiderte er:

– Mynheer, ein solches Capitel läßt sich nicht wohl auf dem Markt am Rathhause besprechen. Ist’s Euch recht: so lade ich Euch in meine Wohnung ein.

– Ich werde aber nicht gehen, ohne diesen Dompfaffen und diese Hähne mitzunehmen . . .

Matthies schleppte den Herren die Käfige und den Puter nach. Anna war tief beschämt entflohen. Sie mußte aber doch Ursache gefunden haben, dem Edeljunker zu verzeihen; denn nach etwa einem halben Jahre zog sie an der Seite ihrer Verwandten als die Edelfrau tom Bosch in das holländische Paradies ein.




Das Fest des Ahasverus.
Von Paul Rembrandt.

In dem „das Fest des Ahasverus“ genanntem Bilde besitzen wir eine der umfassenderen Compositionen Rembrandt’s van Ryn. Sah man nur seine, die täuschendste Naturwahrheit athmenden, charakteristischen, hochpoetisch aufgefaßten Portraits: so erkennt man, wenn man das unvergleichliche Helldunkel, bei welchem meist das Licht in die Schatten spielt, wegdenkt, den Meister kaum wieder. Ein gewisser düsterer Ernst, der seine Portraitauffassung charakterisirt, verschwindet in seinen historischen Gemälden vor einer unklaren, ungeordneten Phantasie jedesmal um so auffallender, als die Zahl der Figuren seiner Gemälde sich vergrößert. Selten hat der Maler in figurenreichen Bildern durch einen glücklichen Wurf erreicht, was ihm im Grunde an Kunst der geschmackvollen Composition abgeht, und in solchem Falle möchte immer sein Stoff, wie etwa derjenige der „bewaffneten Bürgermiliz von Amsterdam“, genau seiner komischen, bizarren und phantastischen Eigenthümlichkeit entsprechen. Wo Rembrandt anfängt zu componiren, stellt sich, statt der klaren Uebersicht der Gruppen und des Verständnisses einer zusammengeschlossenen Handlung, Verworrenheit dar und nur in einzelnen Partien gelingt es ihm,

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/449&oldid=- (Version vom 1.8.2018)