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besichtigte mit Zufriedenheit die Arbeiten seiner beiden Schüler, dann erhob er sich und klopfte Metzu freundlich auf die Schulter.

Gabriel suchte eben nach einem Eingange, um die inhaltsschwere Kunde dem Meister anzubringen; da trat Mieris wieder ins Gemach, und schnitt durch sein Erscheinen jede Erklärung ab.

– Geht, Kinder, sagte Dow sanft lächelnd, und nehmt diese fünf Goldstücke, um Euch im Kreise Eurer jungen Freunde einen fröhlichen Abend zu machen. Heute Abend will ich mit meiner Hausfrau allein sein, um mich an die vergangene Zeit zu erinnern. Ihr aber trinkt auf unsere Gesundheit, laßt die Kunst hoch leben; aber Du, Franz, sorge, daß Du nicht, wie gewöhnlich, des Guten zu viel thust!

Mieris blickte fast finster vor sich bin. Metzu aber schien etwas erleichtert. Frau Brigitta ward von ihrem Gatten heute Abend bewacht und er gab sich das Versprechen, Franz van Mieris auf keine Secunde zu verlassen und seine ganze Beredtsamkeit aufzuwenden, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen und ihm andere Gedanken einzuflößen.

Die Schüler schüttelten Dows Hand, verschlangen ihre Arme und gingen aus dem Atelier und zum Hause hinaus auf die Straße. Als sie draußen waren, blickte Mieris zum ersten Stockwerk hinauf. Brigittens schöner Kopf ward sichtbar. Mieris legte mit einem sprechenden Blicke die Hand aufs Herz und dann an seinen Degen und flüsterte:

– Dieses Schwert findet den Weg durch meine Brust, wenn Du grausam gegen mich sein wirst!

Brigitta schien die Bewegung vollkommen verstanden zu haben; denn sie erhob beide Hände und eilte vom Fenster fort.

Jetzt nahm sich Metzu ein Herz und begann dem Freunde Vorstellungen zu machen. Aber Mieris, im ersten Augenblicke sehr betroffen, war viel zu gewandt, als daß er den grundehrlichen, gutmüthigen Gabriel nicht überlistet hätte.

– Du hast gelauscht; sagte er, mit seinem gewöhnlichen leichtsinnigen, fast leichtfertigen Tone. Was willst Du? Bist Du einfältig, Gabriel? Kennst Du Franz van Mieris nicht, der mit dem Teufel Komödie spielen würde, wenn er Langeweile empfindet? Ich versichere Dich, diese Komödie mit Frau Brigitta ist eine kostbare Erfindung von mir; ich wäre sonst in dem Kloster des Meister Dow, in diesen geleckten, geschniegelten Räumen schon lange vor Ueberdruß gestorben . . .

– Du fühltest also nicht, wie Du sprachest? fragte Metzu, der nicht zu wissen schien, was er denken sollte.

– Gott behüte mich! Außerdem weißt Du ja, Gabriel, habe ich bereits in der schwarzäugigen Barbara eine Geliebte, die mein ganzes Herz erfüllt.

– Aber Frau Brigitta? Franz, es ist sehr unverantwortlich, die Ruhe dieser edlen Dame zu stören.

Mieris lachte hell auf.

– Ei, sie meint’s so wenig ernstlich, als ich! rief er. Aber auch sie, die, während wir Beiden und der Meister pinseln, mutterseelenallein in ihrem Stübchen sitzen und mit ihrem Papagei spielen muß, bedarf irgend einer Zerstreuung. Du wirst gestehen, heute Abend wäre unsre Unterhaltung fast pikant geworden.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)