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– Und wodurch haben Sie Kenntniß davon erhalten, Madame, wen Terburg malen oder nicht malen wird? Ich bitte Sie!

– Wodurch? Durch Terburg selbst!

– Sie stehen also mit diesem schleichenden, gleisnerischen Holländer in einer Verbindung, die ich kaum ahnte . . . stammelte der Franzose.

Alessandra lächelte ironisch.

– Terburg? fragte sie. Terburg! Sind Sie denn der letzte, welcher erfährt, daß Terburg der erklärte Geliebte von Alessandra Faletti ist? Sie sind ungewöhnlich allwissend, mein Herr Graf.

Von dieser Kunde ward d’Avaux so betroffen, daß er vollkommen die Fassung verlor, um nur ein Wort zu erwidern.

– Terburg! flüsterte er und seine Hand suchte das Gefäß des Degens, indeß seine Zähne sich aufeinander preßten.

Der Graf d’Avaux griff nach der Thür, indeß er der triumphirenden Italienerin eine steife, stumme Verbeugung machte. Anstatt den Abschiedsgruß zu erwidern, wandte Alessandra dem Scheidenden den Rücken. Der Franzose ging und kam auf die Straße. Hier erst besann er sich und erinnerte sich daran, was er denn eigentlich gewollt habe.

– Stirb, einfältiger Bursche! rief sich d’Avaux zu. Du hattest diese Italienerin in Deiner Gewalt; Du konntest als Herr sprechen und Niemand in ganz Münster hätte sie aus Deiner Hand zu erretten vermocht . . .

Er schien wieder zurückgehen zu wollen, fand dasmal aber die Thüren bestens verschlossen.

– Aber nach diesem Terburg wollte ich gehen! knirschte der leidenschaftliche Franzose. Er gürtete seinen Degen fester und verfolgte die Richtung nach der Straße, wo Terburg wohnte. Hier klopfte er lange. Endlich hörte d’Avaux eine klare Stimme ein italienisches Liedchen singen. Der Sänger kam näher und bald hörte d’Avaux einen hellen Anruf.

– Ha! Mynheer! Ich denke, man pocht nicht so laut, wenn man nicht überzeugt ist, daß der Herr vom Hause sich daheim befindet! Was wünschen Sie von mir, denn ich denke, Sie wollen Gerhard Terburg und nicht etwa einen seiner Bedienten sehen.

– Ich bin Hippolyte, Graf d’Avaux! sagte der Franzose, welcher plötzlich fühlte, welche lächerliche Rolle er als verschmähter Liebhaber der Signora Alessandra dem begünstigten Künstler gegenüber zu übernehmen im Begriffe stand.

– D’Avaux! sagte Terburg und machte eine Verbeugung.

– Und Sie wissen nicht, weshalb ich Sie noch so spät zu sprechen wünsche? fuhr d’Avaux mit ziemlicher Arroganz fort.

– Ich, mein Herr Graf? Ihre Gedanken sind viel zu erhaben und genial, als daß ein bescheidener Maler Ideen davon haben sollte, was sich unter Ihrer edlen Schädeldecke umhertreibt! sagte der sarkastische Künstler mit ehrerbietigem Tone.

– Ah, gut, Monsieur! Ihr wollt mich lächerlich machen! Versichere Euch, das ist schlecht am Orte; tonnerre! Sie malen jetzt die Gesandten, siebenzig Männer auf einen Streich . . . . . Warum, zum Teufel! wollen Sie den Gesandten des allerchristlichen Königs von Frankreich, weshalb wollen Sie den Grafen von d’Avaux von Ihrem Bilde excludiren?

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 711. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/728&oldid=- (Version vom 1.8.2018)