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Die Marktfrau.
Von Giuseppe Nogari.

Dieser mit den bedeutendsten Vorzügen ausgestattete Künstler, ein Venetianer von Geburt, behauptet eine besondere Originalität unter seinm Zeitgenossen. Sobald er des Unterrichts von J. B. Pittoni in Balestra nicht mehr bedurfte, fing er an in eigner Weise zu malen. Er hielt sich mit einer Genauigkeit, welche in seinen besten Bildern derjenigen der guten Holländer nichts nachgiebt, an die schlichte Naturwirklichkeit, die er bis zum Erstaunen in Zeichnung und höchst vollendeter Färbung wiedergab. Die Dresdener Gallerie bewahrt sieben Gemälde dieser Art von Nogari, außerdem einen Sanct Petrus. Die Genauigkeit, womit Nogari arbeitete und seine vollkommenste Gewalt im Colorit sammt einer vorzüglichen Beweglichkeit seines Geistes machten ihn besonders geschickt, wahrhaft täuschende Copien von Gemälden zu liefern, die nicht selten für Originale gegolten haben und oft noch gelten. Die Copie von Correggio’s heiliger Nacht, welche an die Stelle des nach Dresden gesandten Originals in Modena kam, ist ein glänzender Beweis für Nogari’s Talent auf diesem Felde. Seine meisten Originalbilder sind Halbfiguren, an denen man namentlich – wie hier an der Marktfrau – die Ausführung der Köpfe bewundert. Er starb in Venedig – wo viele seiner Bilder die Kirchen zieren – als Akademie-Director im Jahre 1756.




Der Geflügelhändler.
Von Gabriel Metzu.

Der feine Meister hat hier einen seiner köstlich humoristischen Züge angebracht. Der in Folge hartnäckigen Zechens sehr somnambül gewordene Geflügelhändler sieht mit einer homerisch verachtenden Gleichgültigkeit die alte Frau an, welche eben einkaufen wollte, bei der Gewahrung des interessanten Zustandes des Händlers aber vergißt, was sie thun wollte und ganz erstaunt ausruft:

– Allerliebster Gott und Vater! Myn Heer, was fehlt Euch denn?

Die Antwort ist eine dicke Tabakswolke und tiefes, großes Schweigen. Die Händlerin sucht durch das Präsentiren eines gerupften Hahns die Aufmerksamkeit der Käuferin vergebens von dem Somnambulen abzulenken. Das Gemälde ist eines der besten, die Gabriel Metzu geschaffen hat.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 887. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/904&oldid=- (Version vom 1.8.2018)