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die Stadt Moers eroberte und die Spanier aus der Grafschaft vertrieb, starb 1625. Sein jüngerer Bruder und Nachfolger Friedrich Heinrich bestimmte 1644 durch Testament, daß sein ganzes Besitzthum auf seinen Sohn Wilhelm II. und dessen Nachkommen übergehen solle; falls derselbe aber keine Erben hinterließe, oder falls seine Nachkommenschaft ausstürbe, solle die Erbschaft seiner ältesten Tochter Louise Henriette, der nachmaligen Gemahlin des großen Churfürsten, oder deren Nachkommen zufallen. Wilhelm II. regierte von 1647–1650; sein einziger Sohn Wilhelm III., König von England, erklärte 1695 das ebenerwähnte Testament seines Großvaters für ungültig und setzte, da er kinderlos war, einen Seitenverwandten, den Grafen Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz zum Erben seiner gesammten Nachlassenschaft ein. Nach Wilhelms Tode jedoch (1702) erhob König Friedrich I. von Preußen in seiner doppelten Eigenschaft als Herzog von Cleve und Lehnsherr, wie als Sohn und Erbe der Churfürstin Louise Henriette Ansprüche auf die Grafschaft, welche vom Kaiser Joseph I., der dieselbe 1707 zu einem Reichsfürstenthum erhob, gebilligt wurden. Um indeß in den vollen Besitz des Landes zu gelangen, war der König genöthigt, die von holländischen Truppen besetzte Stadt Moers überrumpeln zu lassen (1712). In dem Vergleiche zu Dieren (1732) verzichtete dann auch der Sohn des ebenerwähnten Grafen Johann Wilhelm Friso auf seine Erbansprüche. Die Grafschaft Moers verblieb seitdem bis zur französischen Occupation im unangefochtenen Besitze unserer Könige. Am 25. März 1852 feierte sie in Anwesenheit Sr. Majestät des hochseligen Königs Friedrich Wilhelm IV., Sr. Majestät des jetzt regierenden Königs und Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen den 150sten Jahrestag ihrer Vereinigung mit der Krone Preußen. Ein in Moers 1859 errichtetes Denkmal, ein daselbst erbautes Krankenhaus und eine Volksbibliothek sind bestimmt, das Andenken dieses Tages der Nachwelt zu überliefern.

2. Zum Herzogthume Cleve gehörten im hiesigen Kreise die jetzigen Bürgermeistereien Wardt, Marienbaum, Xanten, Labbeck, Büderich, Veen mit Ausnahme der Gemeinde Menzelen, Orsoy Stadt und Land, und die Gemeinden Borth und Wallach. Außerdem umfaßte dasselbe die Kreise Cleve und Rees, sowie Theile der Kreise Geldern und Duisburg. Cleve-Teisterbant bildete schon um die Mitte des achten Jahrhunderts eine Grafschaft, die älteste auf dem linken Rheiunfer. Seit 827 von Teisterbant getrennt, wurde Cleve bis zum Jahre 1368 von seinen Grafen aus dem älteren Geschlechte regiert. Diedrich X., der vorletzte dieses Stammes, hatte seine einzige, dem Grafen Adolph IV. von der Mark vermählte Tochter Margaretha für den Fall, daß sein jüngerer Bruder Johann gleich ihm ohne männliche Nachkommenschaft mit Tode abgehen sollte, zur Erbin in der Grafschaft eingesetzt. Nachdem nun dieser Bruder, der Nachfolger Diedrichs und als solcher Johann II. genannt, im Jahre 1368 kinderlos gestorben war, traten die Söhne der nebst ihrem Gemahle inzwischen ebenfalls verstorbenen Margaretha, nämlich Engelbert III. Graf von der Mark und dessen Brüder Adolph und Diedrich mit ihren Ansprüchen auf Cleve hervor. Da sich der ältere und der jüngere Bruder mit mäßigen Abfindungen zufrieden stellten, so wurde Adolph Graf von Cleve. Durch den Tod Engelberts III. (1391) fiel ihm – nun als Adolph V. – auch die Grafschaft Mark zu, welche er jedoch sogleich seinem ältesten Sohne Diedrich übertrug. Ihm folgte 1394 in der Grafschaft Cleve sein zweiter Sohn Adolph, welcher, da Diedrich bereits 1398 unvermählt starb, als Adolph VI. die Grafschaft Mark dauernd mit Cleve vereinigte. Adolph VI., der auch die Herrschaften Winnenthal und Ravenstein erwarb, wurde auf dem Concil zu Kostnitz 1417 vom Könige Sigismund zum Herzoge von Cleve erhoben. Sein Enkel Johann II. schloß 1496 mit Wilhelm II., Herzog von Berg und Jülich und Grafen von Ravensberg, einen Vertrag, durch welchen der Sohn und Nachfolger des ersteren, Johann, mit der einzigen Tochter des letzteren, Maria, verlobt und festgesetzt wurde, daß sämmtliche Länder Wilhelms nach seinem Tode für immer mit Cleve vereinigt werden sollten. Nachdem Wilhelm 1511 gestorben war, trat sein Eidam Johann den Besitz seines Nachlasses an, mit welchem er – noch zu Lebzeiten seines Vaters – vom Kaiser Maximilian I. belehnt wurde. Nach dem Tode seines Vaters (1521) erbte er als Johann III. auch das Herzogthum Cleve. Ihm folgte sein Sohn Wilhelm der Reiche, und diesem sein Sohn Johann Wilhelm, der letzte der clevischen Herzöge aus dem Geschlechte der Grafen von der Mark. Nach seinem Tode (1609) begann der langwierige Erbfolgestreit, dessen Verlauf wir nur in kurzen Zügen mittheilen konnen. Johann Sigismund, Churfürst von Brandenburg, welcher als Tochtermann der ältesten Tochter Wilhelms des Reichen, Gemahlin des Herzogs Albrecht von Preußen, Anspruch auf die Nachlassenschaft Johann Wilhelms erhob, ließ bereits am 4. April 1609 Cleve durch einen Bevollmächtigten in Besitz nehmen. Er einigte sich demnächst in einem am 31. Mai 1609 zu Dortmund abgeschlossenen Vergleiche mit dem bedeutendsten seiner Mitbewerber, dem Pfalzgrafen von Neuburg, Sohn der zweiten Tochter Wilhelms des Reichen, dahin, daß beide den gesammten Nachlaß bis zur Entscheidung des Streites gemeinschaftlich verwalten wollten, worauf beiden Fürsten am 16. Juni 1609 gehuldigt wurde. Am