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Die Zahlen von 1798, welche einer Übersicht der Cantone und Gemeinden des Roerdepartements vom 4. Nivôse VII. entnommen sind[1], werden auf große Zuverlässigkeit um so weniger Anspruch machen können, als nichts darüber feststeht, in welcher Weise sie ermittelt worden sind; gleichwohl dürften sie genügen, um einen Begriff von dem Anwachsen der Bevölkerung seit jener Zeit zu geben. Die übrigen Zahlen dagegen sind die Ergebnisse der jedesmal am 3. Dezember des betreffenden Jahres nach einer im Wesentlichen gleich gebliebenen Instruktion bewirkten Natural-Volkszählung, und können demnach als wenigstens annähernd richtig angenommen werden. Von den hier in Betracht gezogenen Zählungen ist diejenige von 1861[2] wohl die zuverlässigste, weil sie mehr als die früheren durch eine sehr sorgfältige Revision berichtigt worden ist. Bei dieser durch die Lokalbehörden, den Landrath und den Regierungsdepartementsrath vorgenommenen Revision stellte sich heraus, daß 194 Personen zu wenig, dagegen andererseits 125 Personen zuviel, im Ganzen also 69 Personen zu wenig gezählt waren. Hätte der Revision dieselbe Ausdehnung, wie der Zählung gegeben werden können, so hätte sich wohl noch ein weiteres plus ergeben. Hieraus ist mit Wahrscheinlichkeit zu schließen, daß die früheren Zählungen, welche weniger strenge revidirt wurden, noch etwas weiter hinter der Wirklichkeit zurückgeblieben sind, als diejenige von 1861, daß demnach die Bevölkerungszunahme in den letzten Jahren noch geringer ist, als sie nach der Tabelle zu sein scheint.

Betrachten wir diese Zunahme näher, so ergiebt sich folgendes:

Von 1843 bis 1852 betrug der Zuwachs 4486 Seelen oder 8,79%
" 1852 " 1861 " " " 3302 " " 5,93%
" 1852 " 1855 " " " 1098 " " 1,98%
" 1855 " 1858 " " " 1315 " " 2,32%
" 1858 " 1861 " " " 889 " " 0,15%

Es ist hiernach unverkennbar, daß der Bevölkerungszuwachs, namentlich wenn man die beiden neunjährigen Zeiträume von 1843 bis 1852 und von 1852 bis 1861 mit einander vergleicht, in einem merklichen Fallen begriffen ist. Man würde indessen irren, wollte man hieraus schließen, daß im Kreise Moers die Bedingungen zur Ernährung einer stetig wachsenden Bevölkerung nicht vorhanden seien. Es kann im Gegentheile keinem Zweifel unterliegen, daß die landwirthschaftliche Production sowohl extensiv als intensiv einer bedeutenden Steigerung fähig ist, und daß der Kreis im Stande sein würde, ein weit stärkeres Anwachsen der Bevölkerung mit Leichtigkeit zu ertragen. Da nun kein Grund zu der Annahme vorliegt, daß etwa die Sterblichkeit während der letzten neun Jahre in überwiegendem Maaße zugenommen, noch weniger aber, daß das Verhältniß der Geburten zur Bevölkerung erheblich abgenommen habe, so kann die Abnahme des Procentsatzes der Bevölkerungszunahme nur aus dem zunehmenden Überwiegen der Auswanderung über die Einwanderung erklärt werden. Für die 3 letzten Jahre ergiebt sich in dieser Beziehung folgendes:

Geboren wurden in den Jahren 1859–61 6045 Kinder
es starben in den Jahren 1859–61 3844 Personen
Zuwachs durch den Überschuß der Geborenen über die Gestorbenen 2201 Seelen
Die Bevölkerung betrug Ende (nicht am 3. Dezember) 1858
57958 Seelen
Ende 1861
58905
"
                    
Der wirkliche Zuwachs also   947      "     
Demnach Verlust durch den Überschuß der Auswanderung über die Einwanderung 1254
"

Auf die Ursachen dieses bedeutenden Verlustes wird unten näher eingegangen werden. Hätte derselbe nicht stattgefunden, so würde der Procentsatz der Bevölkerungszunahme 3,79% betragen, und demnach


  1. Von Daniels, Handbuch der für die Königl. Preuß. Rheinprovinzen verkündigten Gesetze aus der Zeit der Fremdherrschaft, VI. p. 474.
  2. Die Zählung, soweit sie von den Bürgermeisterämtern geleitet und von den Landräthen überwacht wird, erstreckt sich nur auf die Civilbevölkerung. Die Nachweise der Miltärbevölkerung des hiesigen Kreises ist von der köngl. Regierung erst mitgetheilt worden, als dieser Abschnitt bereits fertig war. Dieselbe umfaßt einen Feldjäger, 6 Gensd’armen und einen Kreisfeldwebel, nebst 8 männlichen und 20 weiblichen Angehörigen, im Ganzen 36 Personen. Hiervon wohnen in Moers 8, in Rheinberg 11, in Xanten 8, in Alpen 5, in Homberg 4 Personen. Davon sind 19 evangelisch, und 17 katholisch. In der Ehe leben 7 Männer und 7 Frauen.
    Diese Zahlen sind zu klein, als daß sie auf die nachfolgenden Ermittelungen und Berechnungen von irgendwie erheblichem Einflusse sein könnten.