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ist, den Ertrag des Grund und Bodens zu steigern oder zu sichern, müssen wir billig die Deichschauen voranstellen: denn diese Corporationen sind nicht allein wirthschaftlich von der größten Bedeutung, sondern auch die Stätte eines lebendigen Gemeindewesens, ja sie repräsentiren mit wenigen Ausnahmen alles, was von wahrer corporativer Selbstverwaltung in unserer Gegend besteht. Unzweifelhaft ist das Bedürfniß der Eindeichung gegen den Rhein schon sehr frühe empfunden worden: ehe aber der annähernd vollkommene Zustand hergestellt werden konnte, dessen wir uns jetzt erfreuen, mußten Jahrhunderte voll Sorge und Thätigkeit vorhergehen. Ursprünglich von den einzelnen Grundbesitzern ohne festen Plan und Zusammenhang betrieben, bedurfte die Eindeichung, wenn sie Nutzen bringen sollte, bald des landesherrlichen Eingreifens. Es sind daher schon frühe Deichreglements[1][ER 1] erlassen, zuweilen auch den Deichgenossen staatliche Unterstützungen zu Theil geworden, wie denn z. B. von Adolph VI. berichtet wird, daß er einen Deich durch das Clevische habe ziehen lassen. Die clevische Deichordnung von 1575 hatte bereits eine, wenn auch unvollkommene Art genossenschaftlicher Organisation eingeführt, indem sie die Deiche unter die einzelnen Grundbesitzer jeder Schau in der Art vertheilte, daß jeder ein bestimmtes Stück derselben zu unterhalten hatte. An die Stelle dieses Prinzips, welches mit der zunehmenden Vermehrung der Ansiedelungen und der Ausdehnung des Ackerbaues unhaltbar werden mußte, setzte Friedrich der Große ein anderes. Im §. 53 des Reglements von 1767 sagt er folgendes:

„Nach der Deichordnung de anno 1575 ist bishero fast für jedes Stück Land ein Stück des Deiches zur Unterhaltung und Bewahrung bei hohem Wasser zugetheilet gewesen: daher hat mancher Beerbter zehn und mehr Stücke von dem Deich, die bisweilen ein oder etliche Stunden von einander gelegen sind, zu unterhalten, die ihm viele Beschwerlichkeit und Kosten verursachen. Ferner sind nach denen kleineren Deich-Blöcken bisher die Reparationes an den Deichen vorgenommen, wodurch nicht allein viele Bemühungen und Kösten unnöthig verursachet, sondern auch die Deiche niemals dauerhaft und egal gemachet worden. Anderer Umstände nicht zu gedenken, die der bisherigen Deich-Vertheilung entgegenstehen, und, um welcher willen, dieselbe nicht beyzubehalten ist, zumahlen niemals eine Gleichheit unter den Deich-Schlägern erhalten werden kann, so, wie es in einer, aus billigen Absichten, errichteten Societät allezeit erfordert wird, daß kein Mitglied derselben vor dem andern beschweret werde. Daher ordnen und befehlen Wir hiermit, daß künftig die Deiche von denen sämmtlichen Beerbten angeleget, repariret und unterhalten, und weiter nicht unter die Deich-Schläger vertheilet werden sollen.“


  1. Im Laufe der Zeit sind folgende Deichgesetze und Reglements für unsere Gegend erlassen worden.
    1. Clevische Deichordnung vom Jahre 1575 (erwähnt in dem ab 6 aufgeführten Reglement).
    2. Clevisches Schaureglement vom Jahre 1715 (desgl).
    3. Mörsisches Deichschaureglement vom 17. Juli 1742 (erwähnt in dem ad 7 aufgeführten Reglement).
    4. Clevisches Grabenreglement vom 15. Januar 1757 (wie ad 1 und abgedruckt in „der Zusammenstellung sämmtlicher Gesetze über das Deichwesen am Niederrhein,“ Rees 1854).
    5. Mörsisches Grabenreglement vom 15. Januar 1757 (wie ad 3).
    6. Erneutes Deich- Schau- Graben- und Schleusen-Reglement in dem Herzogthum Cleve vom 24. Februar 1767 (abgedruckt in der „Zusammenstellung.“)
    7. Erneuerte Deich- Schau- Graben und Schleusen-Ordnung in dem Fürstenthum Moers vom 16. April 1769 (mit dem vorstehenden Reglement im Wesentlichen gleichlautend).
    8. Loi relative à des impositions pour confection de routes, de canaux etc. du 16 Septembre 1807 (Bulletin des lois 162 No. 2796.)
    9. Loi relative au dessèchement des marais etc. Tit. VII. Art. 33. (Bulletin 162, No. 2797. Daniels V. 288).
    10. Decret vom 25. November 1810, erwähnt im Art. 17 des sub Nr. 14 aufgeführten Decrets (steht nicht im Bulletin).
    11. Décret contenant règlement sur l'administration et l'entretien des polders du 11. Janvier 1811. (Bull. 344, No. 6452. Daniels V. 655).
    12. Décret contenant règlement de police des polders dans le départment de l'Escaut etc. et de la Roer du 14. Decembre 1811. (Bull. 410, No. 7524. Daniels V. 780).
    13. Règlement d'adminstration publique pour le service des polders du départment de la Roer du 28. Dec. 1811. (Daniels V. 925; abgedruckt im Moniteur.)
    14. Décret relatif à l'organisation de nouveaux polders dans le département de la Roer du 22. Janvier 1813 (Moniteur No. 41. Daniels V. 846).
    15. Avis du conseil d'état concernant le payement d'arrérages des capitaux empruntés pour constitutions et reparations aux polders de la Roer, adopté le 24. août 1813, approuvé le 6. Sept. 1813. (Daniels V. 886).
    16. Verordnung über die Organisation der neuen Deichschauen auf dem linken Rheinufer abwärts von Neuß vom 7. Mai 1838. (Ges. Samml. 1847 p. 106. Amtsblatt 1833 p. 237.)
    17. Gesetz über das Deichwesen vom 28. Januar 1848. (Ges.-Samml. p. 54.)
    18. Verordnung, betreffend die Revision der Verfassung der Deichschau Friemersheim vom 16. Mai 1853. (Ges.- Samml. p. 218.)

Errata

  1. Fußnoten Punkt 9: Statt Soi lies Loi. Siehe Seite 156.