Seite:Statistische Darstellung des Kreises Moers.pdf/77

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Daß im Mörsischen das Deichwesen ähnlich behandelt wurde, geht aus dem fast gleichlautenden §. 50 der Deichschauordnung von 1769[ER 1] hervor. – Nach Inhalt des Reglements von 1767 bestanden im clevischen Theile des Kreises schon damals die mit wenigen Ausnahmen in ihrer früheren Begränzung bis auf den heutigen Tag erhaltenen Deichschauen Wallach, Büderich, Ginderich, Xanten und Vynnen-Obermörmter; neu hinzugekommen sind nur die Sommerpolder Werrich und Vereinigte Wardt'sche Außenpolder. Im Mörsischen dagegen wurden durch die Schauordnung von 1769 die „vielfältigen Schaudistrikte“ aufgehoben und an ihre Stelle vier Deichschauen gesetzt, nämlich Friemersheim, Homberg, Baerl-Orsoy und Eversael-Budberg. Durch die Verordnung vom 7. Mai 1838 sind mit anderer Begränzung an deren Stelle getreten die Deichschauen Friemersheim, Homberg, Orsoy und der Binnenpolder Moers. Unter der Fremdherrschaft blieb das Deichwesen Anfangs unverändert: im Jahre 1807 jedoch begann man, um die Deichbauten zu fördern, außer den im Überschwemmungsgebiet gelegenen Grundstücken auch die benachbarten nicht gefährdeten Landestheile zu Beiträgen heranzuziehen. So wurden durch das Gesetz vom 16. September 1807 für die Deiche des Departements der Roer auf vier Jahre je 100000 Francs nach dem Maaßstabe der directen Steuern umgelegt, von welcher Summe

das
ganze Departement
  25000 Francs
das
Arondissement
Köln
2500
"
"
"
Crefeld
5000
"
"
"
Cleve
20000
"
die speciell interessirten Gemeinden je nach der Länge
ihrer Deiche und dem Umfange der geschützten Ländereien     
 
47500
 
"

aufzubringen hatten. Da indeß auch auf diese Weise der Ausbau der Deiche nur langsam gefördert werden konnte, so ging man mit dem Plane um, die kleineren Deichschauen, um leistungsfähigere Verbände zu erhalten, mit einander zu verschmelzen. Nachdem man jedoch bei der großen Überschwemmung des Jahres 1809 die Erfahrung gemacht hatte, daß grade die kleineren Deichschauen sich am besten vertheidigt hatten, ließ man diesen Plan wieder fallen und faßte eine andere zweckmäßigere Idee (Gesetz vom 11. Januar 1811), welche für die Gegend unterhalb Rheinberg mit dem Reglement vom 28. Dezember 1811 in’s Leben trat. Dieses Reglement, welches namentlich auch die innere Verfassung der Deichschauen von neuem ordnete, theilte die clevischen Polder zum Zwecke gegenseitiger Unterstützung in Nothfällen, besonders bei Durchbrüchen, in drei Arrondissements ein. Das erste sollte die Deichschauen von Rheinberg abwärts bis zur Karthäuser Grafinsel, dem Endpunkte des Gindericher Banndeiches gegenüber, das zweite die Deichschauen von Xanten abwärts bis zum Kalflack, und das dritte die Deichschauen von Calkar bis Nymwegen umfassen. Für die oberhalb Rheinberg gelegenen Polder wurden in einem späteren Decret vom 22. Januar 1813 ähnliche Bestimmungen erlassen. Da letzteres aber eine neue Polder-Eintheilung anordnete, so konnte es nicht unmittelbar zur Ausführung gelangen; es blieb vielmehr, nach dem die Franzosen das Land geräumt hatten, liegen und wurde durch die Verordnung vom 7. Mai 1838 ersetzt, indeß die Bestimmungen des Reglements vom 28. Dezember 1811, deren sofortiger Anwendung nichts entgegenstand, noch heute in Geltung sind[1]. Daneben stehen aber auch noch diejenigen Bestimmungen des clevischen Reglements von 1767 in Kraft, welche in dem Reglement von 1811 nicht durch andere, denselben Gegenstand betreffende Anordnungen ersetzt sind, namentlich also die in ersterem enthaltenen technischen Vorschriften und diejenigen über die Heranziehung solcher Grundstücke, welche bei der ersten Eindeichung vergessen worden waren.

Die Grundzüge unseres Deichsystems sind in Kurzem folgende. Der Rhein hat bekanntlich zwei Fluthen, eine mäßige Sommer- und eine weit höhere Winterfluth. Je nachdem nun mit der Eindeichung nur die Abhaltung des Sommerwassers oder auch diejenige des Winterwassers bezweckt wird, unterscheidet man Sommer- und Winterpolder. Erstere bilden das Vorland oder die untere Fortsetzung der letzteren, und bestehen fast ausschließlich aus Fettweiden, welche durch die von Zeit zu Zeit eintretenden Überschwemmungen mit schlickhaltigem Winterwasser ihren hohen Werth erhalten, und nur des Schutzes gegen Sommerwasser bedürfen. Die Eindeichung dieser Polder hat um so weniger Schwierigkeiten, als die größte


  1. Neuerdings ist die Rechtsgültigkeit des Dekrets vom 28. Dezember 1811 bestritten worden, indeß mit unseres Erachtens unhaltbaren Gründen.

Errata

  1. Statt 1796 lies 1769 . Siehe Seite 156.