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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504

besessen haben muß, die sie beim Volke beliebt machten, also Leutseligkeit und Milde wohl vor allem und selbstverständlich Frömmigkeit und unantastbare Ehrbarkeit.

II.

Wie eben dargetan, hat die Volkssage Einfluß gewonnen auf des Marschalks Bericht. In ihr wird, wie die eingangs mitgeteilte Fassung der Adelheidsage zeigt, das Hervortreten der Heilquellen im Krumbad mit dem Mord an Adelheid in Zusammenhang gebracht, und zwar in engsten örtlichen und zeitlichen und von Gott wunderbar gefügten zum Zeugnis der Unschuld: an der Brandstätte bei der Hiltiboldsburg sprudeln an den drei Zündstellen drei Heilquellen hervor[1].

Das ist echt volksmäßige Zusammenhangsschau, ganz anders geartet als die blutlose, nebelhafte, dem schlichten Denken völlig unvollziehbare Vorstellung eines „Anlaß“-Zusammenhangs, zu dem der Marschalk seine Zuflucht nehmen mußte, um die ihm gewordene Kunde in leidlichen Einklang mit den sonstigen Nachrichten zu bringen: die handfesten, greifbaren Vorstellungen liebt das Volk und an das, was vor Augen steht, knüpft es seine Gedankenfäden. Die Gedächtniskapelle nahe dem Tatort, die das Ereignis immerhin lokalisierte, war nach dem Zeugnis des Marschalks um 1500 schon verschwunden. Damit war die Erinnerung an den Mord für die Volksphantasie frei geworden von örtlicher Bindung, und wenn irgendwo, so beim schlichten Volke gilt in derlei äußerlichen Dingen der Spruch: „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Aber nicht entschwand damit auch das Gedächtnis der Adelheid. Dieses wahrte das Volk mit einer Treue, die sich wie „Treue um Treue“ ausnimmt und dazu berechtigt anzunehmen, daß Adelheid als eine lichtvolle Erscheinung in seinem Herzen lebte,


  1. Die eingangs mitgeteilte neuzeitliche Fassung hat sich einigermaßen der flachen rationalistischen Deutung angeschlossen, die von Dr. J. E. Wetzler (Das Krumbacher Heilbad, 1811) auf die Bahn gebracht wurde und die, um das Wunder beiseite zu schieben und die Sage zu retten, die Quellen beim Abräumen der Brandstätte entdeckt werden läßt. Die ältere Fassung, wie sie z. B. die „Neue Beschreibung des altberühmten … Krummbades“ von 1758 (Verfasser Dr. G. Fr. Gutermann) bietet, drückt sich dahin aus, daß Gott an dem Platz, wo die an drei Orten angesteckte Scheune gestanden, drei Quellen habe entspringen lassen.
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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504. Selbstverlag der Herausgeber, Dillingen 1929, Seite 484. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_das_Krumbad.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)