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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504

finden; und im Krumbad selbst lebte schon längst vor der Adelheids-Tragödie die Erinnerung an eine reine, milde Frau, die Personifikation der alten Quellgottheit; hier sprach man vielleicht längst vor dem verbrecherischen Brand von einem Brandbrunnen; hier wußte man aus mythischen Vorstellungen noch dunkel etwas von dem Hervorquellen des Wassers an Zündstellen: also verlegte hierher, an den Ort, der die sinnfälligen Merkmale und die einladenden Sagenreste darbot, die Volksphantasie die Stätte des Verbrechens. Ja, so arbeitet sie; so knüpft sie an lebendig Gegebenes an, unbekümmert um die geschichtlichen Gegebenheiten von Ort und Zeit, so legt sie sich die alten, unverständlich gewordenen Mythen- und Sprachreste zurecht und erfüllt sie mit neuem, verständlichem, anziehendem Inhalt, gestaltet das, was tot ist für sie und sie doch beschäftigt, zu einem lebensvollen Gebilde, das dem Volk etwas zu sagen hat. Ein Vorgang ist es, ähnlich, nur dichterisch gehoben und in erweitertem Rahmen sich vollziehend, wie dieselbe Volksphantasie durch die sog. Volksetymologie unverständliche oder unverständlich gewordene Namen umbildet zu Formen, bei denen sie sich wieder etwas Sinnvolles denken kann, indem sie z. B. aus dem apothekarischen Salbennamen Unguentum Neapolitanum einen „umgwendten Napolium“ macht oder aus römischer Augustenstraße (Augusta via) einen Ochsenweg.

Den Ursprung dieser Zusammenhangsschau suche ich also in der dichtenden Volksphantasie. Sie, und nicht Ursberg, hat die Sage von dem Auftauchen der Quellen an den drei Zündstellen und demnach vom Krumbad als dem Ort der Untat auf die Bahn gebracht; Ursberg aber hat diese dem Ansehen des Bades günstige Meinung mit Freuden und wohl auch gutgläubig aufgegriffen und gefördert, hat den Bericht des Marschalks durch freilich nicht einwandfreie, aber auch völlig untaugliche Harmonisierung damit in Einklang zu bringen versucht, hat sich mit literarischen Mitteln für die Ueberlieferung und Verbreitung der Krumbadsage eingesetzt.

Nach all dem kann keine Rede davon sein, daß die Volksüberlieferung über Brand und Brunnen in Krumbad vor der Kritik bestehen könnte als Zeugnis für einen wirklichen Zusammenhang zwischen Mord und Quell. So echt volkstümlich dieses örtliche Zusammenbringen von Mordbrand und Heilquell ist, in diesem Punkt ist die Sage keine echte Sage im kritischen Sinn, im Sinn einer den Tatsachen entsprechenden

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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504. Selbstverlag der Herausgeber, Dillingen 1929, Seite 488. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_das_Krumbad.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)