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jenes Liedes, welches Goethe im Faust in Auerbachs Keller intonieren läßt: „Das liebe heil’ge Römsche Reich, wie hält’s nur noch zusammen“. Brander protestiert: „Ein garstig Lied, pfui ein politisch Lied, ein leidig Lied!“ Die angeführte Stelle findet sich ebenso, von einer Wortumstellung abgesehen, bereits im sogenannten Urfaust, ist also ums Jahr 1775 entstanden. Ob Goethe den Anfang des Spottliedes damals selbst, vielleicht in Anlehnung an ältere Vorbilder gedichtet[1], oder ob er die Anfangsverse einem damals im Schwange befindlichen Liede entlehnt hat; jedenfalls zeigen diese Verse, daß der altehrwürdige Titel, der einst gedient hatte, die höchsten Ehren und Rechte der kaiserlichen Gewalt zum Ausdruck zu bringen, nunmehr gebraucht werden konnte, um das altersschwache Reich mit bitterem Spott zu verhöhnen.

  1. Über einen Anklang unserer Verse an das Lied der Druckergesellschaft bei Uhland, Volkslieder Nr. 265, vgl. die Anmerkung zu Vers 2092 f. des Faust in der Jubiläumsausgabe von Goethes sämtlichen Werken Bd. 13 S. 301.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Heiliges römisches Reich deutscher Nation. Eine Studie über den Reichstitel. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1910, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_den_Reichstitel_35.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)