Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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Bentley hatte das Herz nicht, etwas zu antworten; sondern vor Zorn und Grimm halb ausser sich selbst, machte er sich fort, mit dem festen Entschluß, irgend eine Heldenthat zu verrichten. Zur Hülf und Gesellschaft, nahm er seinen allerliebsten Freund Wotton mit. Und das beste dünkte sie, etwas wider die feindliche Armee von einer Seite zu versuchen, wo sie etwan nicht zum Besten verwahret seyn möchte: Also nahmen sie erst ihren Weg über die todten Körper ihrer erschlagenen Freunde; lenkten sich hernach Rechts gegen ihre eigene Truppen, von da sie sich nach Norden wendeten, bis sie zum Grab Aldrovandi[WS 1] kamen, welches sie auf der Seite gegen Abend ligen liessen. Und nunmehro gelangten sie mit Zittern und Zagen an die äusserste Wache der Alten; und sahen sich sorgfältig um, ob sie nicht etwan das Quartier der Verwundeten, oder einige Feinde entdeken möchten, die ihre Harnische ausgezogen hätten, und von der übrigen Armee entfernet, nachläßig auf der Erde lägen und schliefen.
Es war eben so, als wenn zween Hunde, von ihrer natürlichen Gefräßigkeit, und durch die schlechte Bewirthung zu Hause, angetrieben werden, Gesellschaft zu machen, und bey nächtlicher Weile, wiewol mit grosser Furcht, die Heerde eines reichen Bauern anzufallen. Sie hängen die Schwänze unter den Bauch, streken die Zunge heraus, und schleichen so sachte und leise als möglich. Inzwischen siehet der Mond diese Schelmen, und scheinet ihnen gerade auf ihre schuld-vollen Köpfe; sie dürfen ihn nicht anbellen, so sehr sie
- ↑ Ulisse Aldrovandi (1522–1605) italienischer Arzt und Naturforscher.
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/326&oldid=- (Version vom 1.8.2018)