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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 1.

NAch Innhalt der H. Schrifft Gen. 1. v. 11. 12. hat der Allmächtige und Allweiße Schöpffer aus der Erden lassen aufgehen Graß und Kraut / wie auch Bäume / deren jedes seinen eigenen Saamen habe / damit nehmlich solches Geschlechte auch in zukünfftigen Zeiten fortgepflantzet und erhalten werden möchte.

Denn es ist doch nach der Schöpffung der Saame der Uhrsprung alles Holtzes / es mögen nun die Bäume / so daraus wachsen / also bald am ersten Ort und Stelle stehen bleiben / welches wegen besorgender Beschädigung der Wurtzel oder des Bäumleins wohl das beste ist / oder es mögen selbige hernach versetzet werden.

§. 2. Hierbey aber ist nicht zu leugnen / daß ein jedes Gewächse und Art der Bäume ihr besonders Clima haben will / darinnen der Saamen leichtlich aufgehe / von sich selbsten wohl wachse / und wegen grosser und langanhaltender Hitze / Kälte / Schnee / Frost / Nässe oder Dürre und übler Witterung nicht verhindert werde / wie solches der Augenschein an jeden Ort überflüßig zeuget.

Denn man findet / daß ein Vegetabile mit hauffen an einigen Enden anzutreffen / so man in denen andern / und nicht wohl gar zu weit davon entlegenen Orten vergeblich suchet. Unterdessen ist die gütige Natur so neidisch nicht / daß sie nicht zulassen solte verschiedene Gewächse / aus einem climate in das andere zu bringen / und darinnen fortzuzeugen.

Gewißlich alle die jenigen Bäume / Pflantzen / Kräuter und Blumen / so nicht in Wäldern / Wiesen und Gärten bey uns ungebauet wachsen / sind aus wärmern climatibus, als das unsrige ist / hergekommen; und je schwehrer solche hier in Teutschland aufzubringen / je ein heißeres Clima haben sie von Anfang und von der Natur gehabt; nichts destoweniger werden sie in unsern / als temperirten Landen / und wenn sie hiesige Lufft gewohnet / nach und nach mit guter Wartung ziemlich fortgebracht; als da sind Citronen / Pomeranzen / Feigen / Mandeln / Cypressen etc. und von Kräutern die Rosemarie / Laventel und andere mehr.

Es wäre zwar wohl zu wüntschen / daß eines jeglichen Gewächses Mutterland / und wo es eigentlich daheim / oder von sich selbst wachse / genauer erkundiget werden könte / und man also eine accurate universal historiam Arborum, und Plantarum, haben möchte / so würde man beydes seines Saamens / als des Wachsthums halber / beßer Licht haben; aber hieran fehlet es noch biß dato, weil die jenigen / so von dergleichen Sachen bißhero geschrieben / einer zulänglichen

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/143&oldid=- (Version vom 14.2.2021)